••• Von Reinhard Krémer
Der Ausblick auf die nächsten Monate ist nicht schlecht, wie eine aktuelle Analyse der Erste Group zeigt. Im Juli hat sich die Stimmung der Industrie von den zuvor erzielten historischen Höchstständen, wie erwartet, geringfügig abgeschwächt.
Demgegenüber hellte sich die Stimmung im Dienstleistungssektor dank der anhaltenden Lockerungsmaßnahmen weiter auf. „Für die Industrie erwarten wir eine Stabilisierung oder ein weiteres leichtes Absinken der nach wie vor hohen Indexwerte. Generell gehen wir davon aus, dass sich die Stimmungslage der Industrie, aufgrund der zuletzt im historischen Vergleich hohen Indexwerte, in den kommenden Monaten graduell normalisieren und dadurch abkühlen sollte”, sagt Erste Group-Analyst Gerald Walek. „Im Hinblick auf den Dienstleistungssektor wird sich zeigen, ob die seit Juli steigenden Infektionszahlen in vielen Ländern der Eurozone dämpfend auf die Stimmungslage wirken werden.
Impfen oder Krankenhaus
Allerdings sollten aufgrund des Impffortschritts vor allem bei Risikogruppen künftig nicht die Infektionszahlen, sondern die Auslastung der Spitäler entscheidend für die Prognose neuerlicher Einschränkungsmaßnahmen sein”, so Walek.
Weiteres Wachstum
„Gestützt auf Mobilitätsdaten, erwarten wir eine Fortsetzung des dynamischen Wachstums der Eurozone im dritten Quartal 2021 im Vergleich zum Vorquartal. Im dritten Quartal hat sich die Mobilität im Durchschnitt in allen großen Ländern der Eurozone gegenüber dem zweiten Quartal deutlich verbessert”, sagt der Erste Group-Analyst.
In Frankreich und Deutschland hat sich die Mobilität bereits wieder dem Vorkrisenniveau weitgehend angenähert, während dies in Spanien und Italien noch dauern wird. Insbesondere der private Konsum sollte überdurchschnittlich von der gestiegenen Mobilität im dritten Quartal profitieren, sagt Gerald Walek.
Die Quote entscheidet
Für die weitere Entwicklung der Konjunktur der Eurozone wird entscheidend sein, in welchem Ausmaß die in einigen Ländern bereits beträchtliche Impfquote der Bevölkerung (zwischen 60% und 75%; Anm.), im Herbst eine hohe Auslastung des Gesundheitssystems verhindern wird. „Wir gehen derzeit davon aus, dass ähnlich einschneidende und lang andauernde Einschränkungsmaßnahmen wie während des Winterhalbjahrs 2020/21 nicht mehr notwendig sein sollten” sagt der Erste Group-Experte.
Erholung nicht gefährdet
„Allerdings erwarten wir, dass gewisse Einschränkungen (z.B. Einschränkungen beim Zugang zu Kultur- und Freitzeiteinrichtungen oder möglicherweise eine Ausweitung der Maskenpflicht in Innenräumen; Anm.) vorerst aufrecht bleiben werden. Dies sollte allerdings die Fortsetzung der Erholung der Eurozone nicht ernsthaft gefährden”, ist Walek überzeugt.
Vor diesem Hintergrund setzt man bei der Erste Group unter anderem auf Aktien von Adidas. Der Sportartikelhersteller steigerte im ersten Quartal 2021 die Umsätze um 20,2% im Vergleich zum Vorjahr. Die Umsatzerlöse sind im Direktvertrieb um +30% und im E-Commerce-Bereich um +43% angestiegen.
Adidas auf Empfehlungsliste
„Adidas profitiert von den verbesserten Marktbedingungen und einer starken Produktnachfrage. Die Aussichten für weitere Umsatz- und Gewinnsteigerungen sind gut. Wir erwarten, dass die Aktie mittelfristig ihre Benchmark outperformen wird”, sagt Analyst Stephan Lingnau.
Der Analyst sieht auch Potenzial bei L’Oréal, dem größten Kosmetikhersteller der Welt: „L’Oréal zeichnet sich durch eine hohe operative Marge aus. Die Marge sollte in den nächsten Jahren weiter ansteigen. Wir erwarten, dass sich die Aktie aufgrund der guten Wachstumsperspektiven besser entwickeln wird als der Sektor und auch besser als der Gesamtmarkt.”
Auch LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton, ein diversifizierter Konzern für Luxusgüter, gefällt Lingnau: „LVMH erreichte in den letzten Jahren die eine deutlich überdurchschnittliche operative Marge. Das Unternehmen ist besonders auf dem stark wachsenden chinesischen Luxusgütermarkt stark positioniert und hat eine solide Wachstumsstrategie. Aufgrund der guten Zukunftsaussichten sollte sich die Aktie moderat stärker entwickeln als der Sektor.”
Gefragter Zykliker
Aus dem Bereich „Zyklischer Konsum” sieht Erste Group-Analyst Hans Engel gute Chancen für den Online-Händler Zalando: „Für das Gesamtjahr 2021 erwartet Zalando ein Umsatzwachstum von 26 bis 31 Prozent. Das operative Ergebnis sollte das obere Ende der Range von 400 bis 475 Mio. erreichen. Besonders der steigende Verkauf von Kosmetika auf der Plattform – wie etwa der Produkte der französischen Sephora – sollen das Wachstum unterstützen. Langfristig gehen wir davon aus, dass Zalando sein hohes Wachstumstempo beibehalten kann.”