••• Von Reinhard Krémer
WIEN. Wer zum Jahreswechsel hoffte, dass 2022 nach den schier endlosen Coronaturbulenzen mit Lockdowns und der breiten Masse großteils unverständlichen Maske-auf-Maske-runter-Maßnahmen nun eine ruhigere Phase beginnen würde, der hat sich, wie der Autor dieser Zeilen auch, ordentlich verkalkuliert: Erst hob das längst totgeglaubte Gespenst der Inflation sein abstoßendes Haupt, dann explodierten erst die Coronazahlen – und dann die Bomben in der Ukraine, als der russische Präsident glaubte, der Welt zeigen zu müssen, wo der Vladi den Most holt.
Die Rückkehr der Inflation
Corona wird vielleicht noch heuer, wenn wir alle Glück haben, nichts anderes mehr sein als ein mexikanisches Bier – doch die Inflation scheint gekommen, um – vorerst – zu bleiben. Angetrieben von den Energiepreisen, belastet sie zunehmend die österreichischen Haushalte. Im März lag sie bei 6,8% – die höchste Steigerungsrate seit 1981. Beim deutschen Nachbarn ging’s sogar noch etwas höher: 7,3% wurden dort erreicht.
Druck auf Notenbanken
Markus Dürnberger vom Salzburger Bankhaus Spängler meint zur konjunkturellen Entwicklung: „Steigende Energiepreise belasten sowohl die Verbraucher als auch die Unternehmen und drücken auf das Wirtschaftswachstum – vor allem in Europa. Somit besteht das Risiko, dass die im vierten Quartal des Vorjahres begonnene Wachstumsverlangsamung noch weiter zunimmt und sich vor allem in Europa die Rezessionsgefahr erhöht.” Dürnberger geht davon aus, dass der pandemiebedingte Anstieg der Inflation uns noch weiter beschäftigen und die Notenbanken verstärkt unter Druck bringen wird: „Die Erwartungen steigender Notenbankzinsen haben aber zuletzt wieder nachgelassen. Die Notenbanken könnten mit Zinserhöhungen die Wirtschaft weiter belasten und die Stagflationsrisiken erhöhen.”
Doch trotz des Inflations- und Kriegsgetöses steuern heimische Finanzunternehmen weiter ruhig durch die raue See – und erfreuen ihre Eigentümer mit besten Zahlen. Mit deutlich über den Erwartungen liegenden Kennzahlen für 2021 zeigte zum Beispiel die Vienna Insurance Group im zweiten Jahr der Pandemie erneut operativ starke Resilienz.
Die VIG zeigt auf
Die Dividende steigt deutlich auf 1,25 € pro Aktie. „Das entspricht einem Plus von 66,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr”, sagt VIG-Generaldirektorin Elisabeth Stadler. „Die führende Marktposition in CEE, die relativ geringe Ergebnisvolatilität und die regelmäßigen Dividendenzahlungen mit einer attraktiven Rendite von fünf bis sechs Prozent machen das Unternehmen unserer Meinung nach zu einem interessanten Anlageobjekt”, sagen die Analysten von Raiffeisen Research zum Erfolg der VIG.
Doch auch Raiffeisen selbst braucht sich nicht zu verstecken: Die Raiffeisen Bank International (RBI) konnte ihren Gewinn 2021 deutlich steigern. Unterm Strich blieben 1,37 Mrd. €, das waren sogar mehr als vor der Coronakrise. 2019 hatte die Bank ein Konzernergebnis von 1,23 Mrd. € erzielt. Die Dividende läge bei 1,15 € je Aktie.
Puffer aufgebaut
Trotz dieses Erfolgs bleibt der Konzern vorsichtig: „Wir sind zwar gut kapitalisiert, haben aber dennoch beschlossen, einen zusätzlichen Puffer aufzubauen und den Bilanzgewinn auf neue Rechnung vorzutragen”, sagt der Vorstandsvorsitzende der Raiffeisen Bank International, Johann Strobl.