Heimische Manager halten die Ethik hoch
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FINANCENET Reinhard Krémer 08.06.2018

Heimische Manager halten die Ethik hoch

Eine Studie zeigt: Die Betrugs- und Korruptionsfälle in der Alpenrepublik gehen deutlich zurück.

••• Von Reinhard Krémer

Die gute Nachricht zuerst: Das Ethikbewusstsein in Österreich steigt, die Zahl der Betrugs- und Korruptionsfälle in der Alpenrepublik geht deutlich zurück.

Nachdem 2016 noch fast jedes vierte Unternehmen (24%) hierzulande innerhalb der letzten zwei Jahre einen größeren Betrugs- oder Korruptionsfall registrierte, liegt der Anteil 2018 deutlich niedriger bei zehn Prozent.
Damit liegt Österreich im weltweiten Mittelfeld. Am höchsten ist die Anzahl entdeckter Fälle in der Ukraine (36%), Kenia (26%), Belgien und Russland (jeweils 20%). Knapp dahinter rangieren Deutschland und Großbritannien mit je 18%. Diese Ergebnisse liefert eine aktuelle Studie der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY, für die über 2.550 Finanzvorstände, Leiter der Revision, der Rechtsabteilung und des Compliance-Managements aus 55 Ländern, davon 50 aus Österreich, befragt wurden.

Global keine Bewegung

Weltweit gab es hingegen seit 2016 keinen nennenswerten Rückgang von Betrugs- oder Korruptionsfällen. Der Durchschnitt liegt bei elf Prozent – und damit nur um einen mickrigen Prozentpunkt unter der damaligen Marke.

Der starke Rückgang an registrierten Fällen in Österreich zieht auch einen deutlichen Rückgang bei der durch heimische Manager wahrgenommenen Korruptionsverbreitung in Österreich nach sich: Nur jeder 16. Manager in Österreich (6%) hält Bestechung bzw. korrupte Methoden hierzulande für weit verbreitet – das sind noch weniger als vor zwei Jahren (10%). Nur in Deutschland, der Schweiz (je zwei Prozent) sowie Finnland und Schweden (je vier Prozent) liegt der Anteil niedriger. In Ländern wie Brasilien (96%), Kolumbien (94%) oder Nigeria (90%) sind korrupte Methoden nach Meinung der dortigen Manager dagegen an der Tagesordnung; im weltweiten Durchschnitt liegt der Anteil bei 38%.

Manager halten Ethik hoch

Nach der eigenen Hemmschwelle für unethische Handlungen befragt, um finanzielle Einbußen für das eigene Unternehmen zu verhindern, zeigen Österreichs Manager eine sehr korrekte Einstellung: Selbst in Notlagen würde kein einziger Bargeldzahlungen leisten, persönliche Geschenke machen oder Finanz­ergebnisse falsch darstellen. Vier Prozent wären dazu bereit, Einladungen, zum Beispiel zum Essen oder für ein Fußballspiel, auszusprechen, um das Verhältnis zu ihren Geschäftspartnern zu verbessern.

Global weniger Skrupel

International sieht das anders aus; da würden 13% der Manager Barzahlungen leisten und fünf Prozent Finanzergebnisse falsch darstellen.

Auch Einladungen (21%) oder persönliche Geschenke (elf Prozent) halten viele Manager weltweit für gerechtfertigt. Insgesamt 36% weltweit würden zu einer dieser unlauteren Praktiken greifen.
Passend zu den weiteren Ergebnissen, sehen österreichische Manager Betrug und Bestechung als vergleichsweise geringes Risiko (16%) für den Geschäftserfolg. Am meisten Kopfzerbrechen bereiten ihnen das makroökonomische Umfeld (60%) und Cyberangriffe, die gleichauf mit der Compliance mit dem Wettbewerbsrecht auf Platz zwei liegen (je 32%).

Rot-weiß-rote Hand ist sanft

Allerdings hinkt Österreich im internationalen Vergleich noch bei der Ahndung von Verstößen hinterher: In nicht einmal sechs von zehn Unternehmen (58%) gibt es klare Sanktionen bei einem Verstoß gegen unternehmenseigene Compliance-Richtlinien; international ahnden knapp acht von zehn Unternehmen (78%) derartige Verstöße.

Damit gehört Österreich weltweit zu jenen Ländern, in denen Vergehen vergleichsweise am wenigsten bestraft werden: Weniger strikt sind die Regeln nur in Russland (42%) sowie Luxemburg, Singapur und die Ukraine (je 52%). In China und Großbritannien haben die meisten Unternehmen (je 94%) klare Regeln.

Amis strafen öfter

Dementsprechend wenig Sanktionen sprachen Österreichs Unternehmen aus. So wurden in den vergangenen zwei Jahren nur in 26% der österreichischen Unternehmen Mitarbeiter, die sich nicht an die Compliance-Regeln hielten, bestraft; weltweit ist der Anteil mit 57% mehr als doppelt so hoch.

Mit weniger Sanktionen kamen nur Unternehmen in Litauen (16%) und Italien (24%) aus. Besonders kompromisslos zeigten sich die japanischen und US-amerikanischen Unternehmen, von denen 80 beziehungsweise 76% Mitarbeiter bestraften.
Dass ein ethisches und mit Recht und Gesetz zu vereinbarendes Geschäftsgebaren keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt insbesondere die höhere Bereitschaft der jüngeren Generation zu unethischem Verhalten: Jeder fünfte Befragte unter 35 Jahren weltweit würde Geldzahlungen leisten, um das Unternehmen über einen Wirtschaftsabschwung zu retten; unter den Managern über 35 Jahren sagt das nur jeder Achte.

Große Fortschritte

„Österreichs Unternehmen haben in den letzten Jahren Fortschritte im Kampf gegen Betrug und Korruption gemacht. Die Anzahl der Betrugsfälle ist zurückgegangen, das Vertrauen der Manager in die korrekte Geschäftsgebarung in der heimischen Wirtschaft ist erheblich größer als noch vor zwei Jahren”, sagt Andreas Frohner, Leiter Fraud Investigation & Dispute Services bei EY.

„Die österreichische Wirtschaft ist inzwischen im internationalen Vergleich bei Compliance-Themen gut aufgestellt. Das Bewusstsein für dieses Thema ist infolge mehrerer größerer Fälle stark gestiegen, viele Unternehmen haben Überwachungssysteme eingeführt, die funktionieren und greifen. Natürlich gibt es auch hierzulande eine Dunkelziffer, weil kein Compliance-System der Welt lückenlos funktioniert. Aber in Ländern, in denen überwiegend Kommissar Zufall bei der Entdeckung von Betrugs- und Korruptionsfällen beteiligt sei, liegt die Dunkelziffer von Compliance-Fällen bedeutend höher”, so Frohner.

Der Kampf geht weiter

Dennoch gebe es auch für österreichische Unternehmen keinen Grund, sich zurückzulehnen, ergänzt Benjamin Weissmann, Leiter der Cyber-Forensik bei EY Österreich: „Der Kampf gegen Betrug und Korruption ist keine Einmalaktion – er muss fortlaufend geführt und zum Teil der Firmenkultur werden. Mitarbeiter müssen regelmäßig geschult und sensibilisiert werden – speziell in Zeiten, in denen die Methoden durch neue technologische Möglichkeiten wie Informationsbeschaffung durch Hacking-Angriffe immer ausgeklügelter und besser geplant werden. Das Management darf auch davor die Augen nicht verschließen.”

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