In CEE steppt der Bär den Wachstumstanz
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FINANCENET Redaktion 16.11.2018

In CEE steppt der Bär den Wachstumstanz

Coface CEE Top 500-Studie: Das BIP-Wachstum in Zentral- und Osteuropa ist das höchste seit acht Jahren.

••• Von Reinhard Krémer

Die Auguren hatten recht: Schon in den tiefsten Tiefen der Finanzkrise sagten Wirtschaftsexperten eine deutliche Erholung in Zen­tral- und Osteuropa (CEE) voraus.

Die erreicht nun eine neue Spitze, wie die Coface CEE Top 500-Studie zeigt: „Die Gründe für das Wachstum sind vielfältig. Aber der stärkste Treiber war der Privatkonsum. Hinzu kommt der erhöhte Export. Die Erholung der Eurozone spielt ebenso eine Rolle wie eine verbesserte Nachfrage aus Russland”, erläutert Declan Daly, CEO Coface Central & Eastern Europe, die Ergebnisse.
80% aller Ausfuhren aus dieser Region gehen in die EU. Russland bleibt für einige Länder, wie beispielsweise die Baltischen Staaten, ein wichtiger Handelspartner. Coface hat die Länderrisikoeinschätzungen mehrerer Länder der Region, nämlich Bulgarien, Tschechien, Estland, Ungarn, Lettland, Russland und Serbien, nach oben aktualisiert. Heuer wurde die Risikobewertung in Kroatien und der Slowakei um eine Stufe verbessert.

Günstiges Umfeld und …

„Die Unternehmen erlebten 2017 ein günstiges makroökonomisches Umfeld, wobei die durchschnittliche BIP-Wachstumsrate mit 4,5% auf den höchsten Stand der letzten acht Jahre stieg, nach 3,1 und 3,7% in den Vorjahren. Damit schlossen die Top-500-Unternehmen das Jahr mit einem Umsatzplus von 11,8% auf 652 Mrd. € und einem Anstieg der Beschäftigungsquote von 4,7% auf 2,4 Mio. Menschen ab”, sagt Daly.

… höhere Umsätze

Die Analysen zeigen eine starke und expandierende CEE-Region mit sinkenden Risiken im Jahr 2017, was sich auch in höheren Umsätzen (+11,8%) und einer noch höheren Profitabilität mit einer Steigerung des Reingewinns um 16,2% in den 500 größten Unternehmen der Region niederschlug.

Diese Unternehmen waren auch in der Vergangenheit sehr bedeutende Arbeitgeber der Region. Auch wenn der Arbeitsmarkt in CEE immer enger wird und es immer schwieriger wird, qualifizierte Mitarbeiter einzustellen, haben die Top 500-Konzerne die Gesamtzahl der Mitarbeiter um 4,7% erhöht. Die insgesamt positive Entwicklung des Arbeitsmarkts in CEE führte zu höheren Löhnen und einem verbesserten Verbrauchervertrauen.

Zuwachs in allen Branchen

Die drei Schlüsselbranchen der größten Unternehmen der Region (Automotive & Transport, Öl & Gas, Handel) stehen für fast 60% des Umsatzes. Dennoch wurde der Anstieg des Gesamtumsatzes 2017 von allen Branchen getragen. In absoluten Zahlen trugen vor allem die Bereiche Energie, Automobil und Handel zum Wachstum bei.

Dies zeigt auch ihre Spitzenposition im Branchenranking. Ebenso entwickelte sich der Reingewinn für die meisten Unternehmen positiv; die Steigerungsraten liegen zwischen fünf Prozent in der Holz- und Möbel-Industrie und 51,4% bei Textilien, Leder und Bekleidung, wie die Coface-Studie zeigt.

Rückgrat Öl & Gas

Den höchsten Gesamtumsatz verzeichnete die Branche Mineralien, Chemikalien, Erdöl, Kunststoffe und Pharma (hier kurz Öl & Gas genannt) mit 9,5 Mrd. €. Die Bauwirtschaft kämpfte erneut und war die einzige Branche mit einem enormen Nettoverlust von -118,6%, wenngleich auch mit einem Umsatzplus von 16%.

Das traditionelle Rückgrat der Top 500 ist laut Studie nach einer Erholung der Ölpreise im Jahr 2017 wieder auf Kurs. Mineralien und Erdöl profitierten von einer Erholung der Ölpreise und einer steigenden Nachfrage. Chemie und Kunststoffe verzeichneten dank neuer Investitionen und einer soliden Nachfrage im In- und Ausland eine höhere Produktion.

Autos fahren gen Westen

Automobil & Transport ist der größte Sektor und profitierte von der wachsenden Nachfrage aus Westeuropa, wohin der Großteil der CEE-Produktion exportiert wird. In der CEE-Region wächst der Anteil der Automobilunternehmen. Die bereits etablierten Unternehmen haben ihre Kapazitäten erhöht. So wurden neue Werke von Jaguar Land Rover in der Slowakei und BMW in Ungarn errichtet.

Konsum startet durch

Der dritte Sektor auf dem Podium ist der Handel. Haupttreiber des Wachstums in CEE ist der private Konsum, der sich vor allem 2017 durch sinkende Arbeitslosigkeit und steigende Löhne beschleunigte.

Erhöhte Ausgaben wurden in den verschiedensten Handelskategorien verzeichnet. Dieser Sektor ist mit fast einem Drittel aller Beschäftigten erneut der wichtigste Arbeitgeber. Das ist eine Steigerung von 6,3% gegenüber 2016.

Gute Aussichten

„Die Aussichten für 2018 und darüber hinaus sind optimistisch, wenngleich mit einer Abschwächung der wirtschaftlichen Expansion zu rechnen ist. Nach einem Spitzenwachstum von 4,5 Prozent im Jahr 2017 prognostiziert Coface für 2018 einen Rückgang auf 4,1% und für 2019 auf 3,4% in der CEE-Region”, erklärt Grzegorz Sielewicz, Regional Economist Coface Central & Eastern Europe.

„Die positive wirtschaftliche Situation in den CEE-Ländern hat für Österreich große Auswirkungen. Unsere Unternehmen haben gute Chancen, von dem anhaltenden Wirtschaftswachstums zu profitieren”, sagt Michael Tawrowsky, Coface Österreich. „Österreichische Unternehmen müssen sich aber auf eine verlangsamte Konjunktur im CEE-Raum einstellen.”

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