••• Von Thomas Müller
WIEN. Mittlerweile ist es drei Jahre her, dass die Finanzberatung in Österreich neu geregelt wurde. Das freie Gewerbe des Finanzdienstleistungsassistenten (FDLA) wurde abgeschafft und durch den Wertpapiervermittler ersetzt. Dieser muss eine Prüfung ablegen, bevor er seiner Tätigkeit nachgehen darf.
Nur wenig „Upgrades”
Damit wurde nach der großen Krise fortgesetzt, was mit der Regulierung der Vermögensberater 2001 begonnen hatte. Allerdings hat nur eine kleine Minderheit der einst 5.000 FDLA das „Upgrade” zum Werpapiervermittler gemacht: rund 350. Nicht ganz so stark hat sich die Zahl der Gewerblichen Vermögensberater reduziert. 2008 waren laut Wirtschaftskammer noch 5.200 von ihnen aktiv, 2015 sind es weniger als 3.600. Die neuesten Daten deuten auf eine Konsolidierung auf diesem Niveau hin.
„Im Nachhinein betrachtet, war es eine vernünftige Auslese, vergleichbar mit dem Weinskandal”, findet Michael Holzer, Vorstand der Finanzpuls AG in Wien, die zu den mittelgroßen Anbietern in Österreich gehört. „Es gab in der Vergangenheit Fehlentwicklungen am Markt und zu viele Berater; viele haben einfach einen Prospekt genommen und ein Produkt verkauft, ohne es richtig durchzusehen.”
Neben den neuen gesetzlichen Regelungen hat sich die Wirtschaftskammer selbst Standesregeln auferlegt. Verstöße dagegen können bei einem Schiedsgericht gemeldet werden. Kunden sollten überprüfen, ob „ihr” Berater bei den Standesregeln dabei ist, so Holzers Tipp. Im Gegensatz zu früher sei aber die Beratung viel aufwendiger geworden, sämtliche Geschäfte nicht mehr so einfach abzuwickeln und Versicherungsverträge, die früher 10 Seiten umfassten, seien nun 30 oder 40 Seiten lang. Holzer: „Kein normaler Konsument liest das! Ob das der richtige Weg ist, wage ich zu bezweifeln.”
Bürokratie versus Beratung
Auch Margit Potzgruber kann davon ein Lied singen. Die Wiener Vermögensberaterin war schon nahe dran, ihren Gewerbeschein zurückzugeben: „Der bürokratische Aufwand im Wertpapierbereich ist immer größer geworden, das geht auf Kosten der Beratungszeit. Letztlich haben mich die Kunden davon abgehalten, aufzuhören. Was am Ende als Motivation überwiegt, ist deren Anerkennung und nicht der Verdienst.” Dieser blieb ja im Wesentlichen unverändert, die Arbeit nicht. Dies habe 2006 bereits begonnen, als Haftung ein immer größeres Thema wurde.
Lieber im Netzwerk
Holzer hält die derzeitige „Regulierungswut” aber auch aus einem weiteren Grund für kontraproduktiv: „Wenn selbstständige Berater den Beruf verlassen oder in ein Angestelltenverhältnis übergehen, fällt der Konkurrenzdruck weg.” Ein Ausweg, der bereits von einigen beschritten werde, sei der Anschluss an ein größeres Berater-Netzwerk: „Der Vorteil ist, dass man dann nicht alles selber abwickeln muss.” Dies werde für viele der Weg der Zukunft sein, ist er überzeugt.
Für die oft gescholtenen Strukturvertriebe eröffnen sich hier neue Möglichkeiten. Mit geprüften Vermögensberatern (statt wie einst mit den FDLA) und damit mehr Qualität in der Beratung will man das Image der „Drückerkolonne” abstreifen. „Viele Banken und Versicherungen haben ihre Präsenz in der Fläche reduziert; das schafft Freiräume für unsere Vermögensberater”, sagt Franz Veigl von der Geschäftsleitung der Deutschen Vermögensberatung Bank AG, die in Österreich mit 300 Beratern aktiv ist. „Schließlich ist die private Altersvorsorge notwendiger denn je.” Auch vonseiten der Produkt-anbieter wie Versicherungen und Fondshäuser betont man die Wichtigkeit der Vermögensberater für den Vertrieb. Es wird sie also noch eine Weile geben, wenn auch in reduzierter Zahl. Automatisieren lässt sich ihr Kerngeschäft nicht: die persönliche Kundenbeziehung.