Wien. Nach einer vorübergehenden Seitwärtsphase hat der Euro im März erneut gegenüber dem US-Dollar an Wert verloren. Dies bleibt freilich nicht ohne Auswirkungen auf die Gewinnsituation diesseits und jenseits des großen Teichs. „Warum ist aber jeder dermaßen überrascht, wenn absehbare Währungsschwankungen den Gewinnprognosen einen Strich durch die Rechnung machen?” Diese (rhetorische) Frage stellen Mark Phelps, CIO der Concentrated Global Growth-Strategie und Senior Research Analyst Dev Chakrabarti, beide bei ABfunds (AllianceBernstein). Sie meinen, mit einer stärkeren Fokussierung auf unternehmensspezifische „Exposures” eine Art „natürliche” Währungsabsicherung in globalen Aktienportfolios schaffen zu können.
Das Geschehen an den Währungsmärkten steht heuer stark im Vordergrund: In den letzten sechs Monaten konnte der Greenback gegenüber einem Korb der wichtigsten Währungen dank der erstarkenden US-Wirtschaft 12% hinzugewinnen. Der Euro hat seit Jahresbeginn mehr als 11% eingebüßt – weitere Verluste sind nach Anlaufen der quantitativen Lockerung (QE) wahrscheinlich.
Ein bisschen eine Blackbox
Eine Umsetzung dieser Währungs-Trends in unternehmensspezifische Gewinnprognosen erscheint häufig schwierig: „Das hat unserer Meinung nach teilweise auch mit einer allzu großen Abhängigkeit von Unternehmensberichten zu tun. Denn die Betriebe halten die Marktteilnehmer gewöhnlich nicht darüber auf dem Laufenden, wie sich Währungsschwankungen auf ihre Gewinne auswirken”. Analysten verließen sich auf statische Wechselkursprognosen, die sich nicht in Echtzeit auf die Schwankungen von Währungskursen anpassen lassen. Europas Konzerne erzielen mehr Umsätze außerhalb ihrer Heimatmärkte als ihre US-Konkurrenz (s. Grafik), daher wirken sich Währungsschwankungen stärker auf die Wertentwicklung aus, was der Gewinnsaison einen beständigen Unsicherheitsfaktor beschert. Phelps: „Die Gewinnschätzungen für europäische Unternehmen sämtlicher Größen weisen daher eine höhere Streuung auf als diejenigen für ihre US-Pendants”.
Der Blick nach Japan
Blickt man nach Japan könne man allerdings Lehren und Maßnahmen ableiten:. Das vor 18 Monaten verabschiedete Konjunkturpaket namens „Abenomics” zielte auf eine Abwertung des Yen ab, was die Gewinne in die Höhe trieb und am breiten Aktienmarkt zu tollen Kurssprüngen führte. Solange die Märkte von den künstlichen Anreizen angetrieben wurden, war eine Kombination besonders gewinnträchtig: Eine Short-Position gegenüber der Währung und eine Long-Position bezüglich der Gewinne einzugehen. Mit der nachlassenden Wirkung der Anreize müssen die Betriebe aber unter Beweis stellen, dass sie aus eigener Kraft Gewinne steigern können. Genau diese sollten Anleger identifizieren, meint Chakrabarti. Europa könnte in die Fußstapfen Japans treten. Er rät dazu, „natürlich” abzusichern, ohne Einsatz von Derivaten oder Short-Positionen: Das Engagement im schwächeren Euro erhöhen, zugleich stärker auf das US-Wirtschaftswachstum setzen, Betriebe aus dem Euroraum mit starken US-Geschäftsaktivitäten auswählen.(lk)