••• Von Reinhard Krémer
WIEN. In Österreich fristet die betriebliche Vorsorge im europäischen Vergleich ein fast kümmerliches Dasein, sagt Markus Zeilinger, Gründer und Vorstandsvorsitzender der fair-finance Vorsorgekasse. Dies hängt mit der politischen Landschaft zusammen, die seit Jahrzehnten nahezu unverändert ist und in der Zeit des Wohlfahrtsstaats festhängt, und mit der Vorsorgekultur, die auf Eigenheim und Sparbuchsparen ausgerichtet ist, so Zeilinger. medianet sprach mit dem Experten über die Notwendigkeit betrieblicher Vorsorge.
medianet: Warum geht es ohne die ‚Bertriebliche' nicht?
Markus Zeilinger: Die jungen Leute werden es sich nicht ewig gefallen lassen, dass sie deutlich mehr in das Pensionssystem einzahlen, als sie jemals wieder ausbezahlt bekommen werden – gleichgültig ob als direkter Arbeitnehmerbeitrag oder Arbeitgeberbeitrag bzw. in Form von umverteilten Steuern. Ergänzend zur 1. Säule, dem staatlichen Pensionssystem, das in vielen Ländern eine Grundversorgung im Alter finanzieren soll, könnte die betriebliche Vorsorge die Sicherung des Lebensstandards übernehmen.
Nun gibt es zwar mit dem Pensionskassen-Modell bzw. der Betrieblichen Kollektivversicherung eine Möglichkeit der betrieblichen Vorsorge – allerdings wurde dieses System missbräuchlich schöngerechnet, um die für viele Unternehmen – vor allem auch aus dem ehemals verstaatlichen Bereich – existenzgefährdenden direkten Pensionszusagen auslagern und abändern zu können. Die steuerfreie Zukunftssicherung mit einem Jahresbeitrag von bis zu 300 Euro pro Person zähle ich persönlich nicht zur betrieblichen Vorsorge; das ist eine Mogelpackung der 3. privaten Säule der Altersvorsorge.
Mit den Betrieblichen Vorsorgekassen, die beitragsorientiert seit 2003 das leistungsorientierte System der Abfertigung Alt abgelöst haben und Beitragsleistungen der Arbeitgeber für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter treuhändig verwalten, gäbe es in Österreich eine sehr geeignete Basis für betriebliche Vorsorge.
medianet: Warum sollte ein Unternehmen gerade auf fair-finance setzen?
Zeilinger: Das Ziel von fair-finance ist es, im Bereich der Finanzdienstleistungen neue, innovative Wege zu gehen. Bei der Produktgestaltung geht es nicht darum, Gewinn zu maximieren und Risiko zu minimieren, wie dies üblicherweise das Motiv und die Vorgabe in der Branche ist. Vielmehr sollen messbare Vorteile für jeden Anwartschaftsberechtigten geschaffen und mit einem Mehrwert für die Gesellschaft verbunden werden.
Als einziger Anbieter garantieren wir nicht nur einen gesetzlich vorgesehenen Auszahlungsbetrag in Höhe der einbezahlten Beiträge, sondern eine gewisse Mindestverzinsung; für 2016 liegt diese Mindestzinsgarantie bei beachtlichen 1,25 Prozent.
Ebenso einzigartig ist die Erfolgsbeteiligung für alle Anspruchsberechtigten, die unseren Kunden einen Teil der Verwaltungsgebühren wieder rückerstattet. Dass diese Erfolgsbeteiligung nicht allzu groß und eher ein Beweis der Fairness und Partnerschaft ist, liegt im Branchenvergleich an den sehr günstigen Verwaltungsgebühren. Nachdem 2015 die wesentlichen Marktbegleiter ihre Gebühren auf das Niveau von fair-finance gesetzt haben, haben wir im Frühjahr 2016 eine weitere Gebührensenkung durchgeführt.
Unser Ziel ist es, messbare Vorteile zu bieten. Messbar ist auch unsere ausgezeichnete Veranlagungsperformance. Im repräsentativen Fünfahresvergleich sind wir die klare Nummer 1 der Branche. Das freut uns und unsere Kunden natürlich sehr, zumal wir ausschließlich auf nachhaltige Investments in der Vermögensveranlagung setzen, was vom fair-finance Kundenbeirat streng kontrolliert wird.
medianet: Was ist die Idee hinter fair-finance?
Zeilinger: Wir verfolgen die Vision, mittels Innovationen Mehrwert zu schaffen und Geld als soziales und ökologisches Gestaltungsmittel einzusetzen.
medianet: Wer ist Ihre Zielgruppe?
Zeilinger: Mit unserem kleinen Vertriebsteam konzentrieren wir uns auf die Gewinnung und Betreuung größerer Dienstgeber etwa ab 100 Mitarbeiter.
medianet: Jeder dritte der größten 20 Weltmarktführer aus Österreich ist bereits fair-finance-Kunde ...
Zeilinger: Ja, das stimmt. Red Bull, Alpla, Swarovski, Wienerberger, Plansee, RHI und Palfinger sind fair-finance-Kunden. Aber natürlich auch 3.500 weitere Unternehmen, darunter die Nachhaltigkeitspioniere Grüne Erde, GEA oder Sonnentor oder soziale Einrichtungen wie die Caritas.
medianet: Beim BVK-Vergleich des VKI, publiziert in der Zeitschrift Konsument, liegen Sie weit vorn – sind Sie mit der Platzierung zufrieden?
Zeilinger: Nun ja, wenn man als Favorit ins Rennen geht, ist das mit einem Stockerlplatz so eine Sache. Man will nicht undankbar sein, freut sich aber auch nicht wirklich.
Dass sich der VKI des Themas Betriebliche Vorsorgekassen annimmt, ist sehr begrüßenswert. Die Aufarbeitung des Themas und die Berichterstattung durch den VKI erfolgten sehr professionell und inhaltlich vollkommen richtig.
Der Kassenvergleich erfolgte auf Basis der Kennzahlen zum 31.12.2015, sodass wesentliche Argumente, insbesondere unsere abermals abgesenkten Gebühren, nicht berücksichtigt wurden. Unabhängig davon hat der VKI aber bereits eingeräumt, dass es in der nächsten Version zum 31.12.2016 Änderungen geben wird. Wir werden uns sehr gern in die Diskussion mit verschiedenen Vorschlägen einbringen, wie, dass die Nachhaltigkeit der Kassen nicht ausschließlich anhand des ÖGUT-Zertifikats gemessen wird, und andere Ideen.
Hinsichtlich des Hauptkriteriums Sicherheit/Garantie sollte nicht der Eindruck geweckt werden, dass einzelne Kassen sicherer sind als andere Kassen.
Die Zinsgarantierücklage, auch wenn diese nur von fair-finance gebildet wird, sollte im Sinne der Gleichbehandlung berücksichtigt werden.