Österreichs KMU haben die Nase vorn
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FINANCENET Redaktion 13.07.2018

Österreichs KMU haben die Nase vorn

85 Prozent haben die Notwendigkeit zur Digitalisierung erkannt – Kooperation mit Start-ups wird angestrebt.

••• Von Reinhard Krémer

Österreichs kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben die Nase vorn – und ein feines Sensorium für die Trends der Zukunft: Die überwältigende Mehrheit, nämlich 85% der KMU, haben in den letzten zehn Jahren eine steigende Innovationsgeschwindigkeit bemerkt und sehen die Notwendigkeit zur Digitalisierung.

Mit wachsendem Innovationsdruck sieht jedes dritte KMU eine Konkurrenz in Start-ups und hält eine Zusammenarbeit in den nächsten zwei bis drei Jahren für wahrscheinlich.

Start-ups haben Know-how

Jedes dritte Unternehmen kann sich eine Zusammenarbeit mit Start-ups vorstellen – besonders im Bereich Neue Technologien, Software und Internet (64%).

Gerade in jenen Bereichen wird den Start-ups viel Know-how zugeschrieben, an dem sich immer mehr KMU beteiligen wollen. Trotz steigender Digitalisierung bleibt der Faktor Mensch für Unternehmer weiterhin das Wichtigste: „99 Prozent sehen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Haupterfolgsfaktor – ein gutes Signal und eine Einschätzung, die ich voll teile”, so Stefan Dörfler, Vorstandsvorsitzender der Erste Bank Oesterreich, die die Imas-Umfrage unter 900 österreichischen Unternehmen beauftragt hat. Weit mehr als die Hälfte (59%) der KMU halten die Zusammenarbeit mit Start-ups in der Ausbildung ihrer Mitarbeiter für besonders sinnvoll. Verbesserungspotenzial mithilfe von Start-ups sieht jedes zweite Unternehmen auch bei der Optimierung von Arbeitsprozessen (55%) und beim effizienten Arbeiten (54%).

Umfeld heuer besser

Unternehmen bewerten das Marktumfeld heuer besser als noch letztes Jahr: 2017 haben drei Viertel (75%) das Umfeld als zunehmend schwierig wahrgenommen – 2018 sind es hingegen lediglich knapp zwei Drittel (59%) aller befragten Unternehmen.

Dies macht sich auch in der Investitionsfreude der Unternehmen bemerkbar: Jedes vierte Unternehmen (25%) plant eine Finanzierung. 85% konnten in der Vergangenheit problemlos ihre Innovationsvorhaben verwirklichen, lediglich 15% gaben an, diese nicht umsetzen zu können.

Auflagen und Hürden

Bei Kreditvergaben spielen viele Faktoren eine Rolle; die Projektqualität und der Businessplan sind entscheidende Kriterien. „Man muss aber auch ehrlich sagen, dass manchmal limitierende Auflagen oder regulatorischen Hürden hinzukommen”, betont Dörfler.

Bankkredit bevorzugt

Drei Viertel (76%) aller befragten KMU ziehen einen klassischen Bankkredit anderen Finanzierungsformen vor. Damit sind Banken noch immer die erste Anlaufstelle bei Investitionsvorhaben. Zwei Drittel (61%) aller KMU interessieren sich für geförderte Kredite. Etwa die Hälfte (54%) der KMU würde eine Eigenkapitalerhöhung in Betracht ziehen, fast ebenso viele Leasing (50%). Crowdfunding ist laut Umfrage eine Finanzierungsform, die nur in ausgewählten Fällen in Betracht gezogen wird (8%).

Milliarde für Innovateure

Für innovationsfreudige heimische Unternehmen stellen Erste Bank und Sparkassen seit 2014 jährlich eine Mrd. € zur Verfügung, um innovative Ideen, Projekte oder Geschäftsmodelle zu finanzieren. „Die Nachfrage ist groß, deshalb stocken wir unseren Innovationstopf für Finanzierungen wieder um eine Milliarde Euro auf”, erklärt der Erste Bank Oesterreich-CEO.

Wirtschaft unter der Lupe

Die österreichische Wirtschaft zeigte während des ersten Quartals 2018 ein stärkeres Wachstum als zuvor erwartet, unterstützt durch alle Komponenten, insbesondere den Verbrauch. Das österreichische BIP wuchs im ersten Quartal um 3,4% (4Q17: +3,2%, 3Q17: +3,1%) und um +0,8% gegenüber dem Vorquartal (4Q17: +0,9%, 3Q17: +0,9%), das wiederum deutlich über dem durchschnittlichen Wachstum in der Eurozone lag (1Q18: +2,5% im Jahresvergleich und +0,4% im Quartalsvergleich).

Steuerreform als Turbo

Der größte Wachstumsimpuls kommt seit Anfang 2016 aus der Binnennachfrage, als die Steuerreform zusammen mit ihren wirtschaftsfördernden Maßnahmen Anreize für eine stärkere private Konsum- und Investitionstätigkeit geschaffen hat. Die Nettoexporte trugen im zweiten und dritten Quartal 2017 negativ zum BIP bei, was auf zwei Faktoren zurückzuführen war: Politische Unsicherheit und ein zunehmend starker Euro belasteten die Exporte, während gleichzeitig die boomenden Investitionen die Nachfrage nach importierten Waren erhöhten.

Was das Jahr noch bringt

Für das Jahr 2018 erwarten die Analysten der Erste Group für den Export insgesamt eine Wachstumsrate von +5,4% im Jahresvergleich und eine leichte Abschwächung auf +5,0% für 2019, entsprechend einer Abkühlung im weltweiten Konjunkturaufschwung. Obwohl die Steuerreform in Österreich die Einkommenssteuer senkte, ist sie im Vergleich zur Eurozone sehr hoch. Laut den Analysten der Erste Group hemmt dies das Wachstum des privaten Konsums auch in Zeiten positiver Konjunkturzyklen. Die Analysten prognostizieren für 2018 ein Wachstum des privaten Konsums von 1,6%. Für das Gesamtjahr 2018 erwartet man nun ein BIP-Wachstum von +2,9%, das sich nächstes Jahr auf +2,2% beruhigen wird.

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