••• Von Reinhard Krémer
WIEN. In der aktuellen Krise machen sich auch bei den KMU Existenzängste breit. Die langjährige Unternehmensberaterin Claudia Strohmaier, Expertin der Fachgruppe für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie in der Wiener Wirtschaftskammer (UBIT Wien), erklärt, welche Maßnahmen bei welchen Szenarien am besten greifen.
Unternehmer fällt selbst aus
Ein Schreckensszenario für viele KMU ist der Ausfall des Unternehmers selbst – sei es aufgrund einer Covid-19-Erkrankung oder aus anderen Gründen.
„Ich empfehle generell jedem Unternehmen, rechtzeitig intern eine Person aufzubauen, die im Notfall einspringen kann”, sagt Strohmaier. Diese kompetente Vertrauensperson sollte mit allen Abläufen vertraut sein und auch die nötigen Berechtigungen erhalten. Unterstützung bietet auch die Wirtschaftskammer mit einer Betriebshilfe.
Quarantäne für Mitarbeiter
„So paradox das klingen mag, es gibt in der aktuellen Situation auch Handwerksbetriebe, die mehr Aufträge haben, als sie abarbeiten können”, sagt Strohmaier.
Erkrankt beispielsweise nur ein einziger Mitarbeiter an Covid-19, könnten ganze Abteilungen quarantänebedingt ausfallen. Zugleich gibt es auch Unternehmen, die zu wenige Aufträge für ihre Mitarbeiter haben. Überbetriebliche Kooperationen, Netzwerke, Plattformen oder Arbeitsgemeinschaften könnten als Lösung dienen.
Liquide Mittel werden knapp
Die Umsätze gehen rapide zurück, die Zahlungen laufen aber weiter. Zugleich werden die Banken ungeduldig oder bremsen bei der Verlängerung von Kreditlinien. Andererseits werden von öffentlichen Stellen monetäre Unterstützungen angeboten, die allerdings an unterschiedliche Bedingungen geknüpft sind.
„In einem ersten Schritt ist es wichtig, mittels Liquiditätsplan festzustellen, wie lange die flüssigen Mittel noch reichen. Ist die Faktenlage klar, kann das bereits zu einer gewissen Beruhigung beitragen”, erklärt Strohmaier. Eine sachliche und belegbare Argumentation gegenüber den Banken und Förderstellen stärkt die Verhandlungsposition.
Insolvenzverschleppung
Im ersten Halbjahr 2020 sind die Insolvenzen in Österreich im Vorjahresvergleich um 23% gesunken.
Grund dafür ist unter anderem, dass die Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung seit März 2020 ausgesetzt ist. „Eine Überschuldung liegt dann vor, wenn die Schulden eines Unternehmens größer als die Vermögenswerte sind und eine negative Fortbestandsprognose vorliegt”, sagt die Expertin.
Andere Fristen gelten bei Zahlungsunfähigkeit – sprich, wenn ein Schuldner nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen. Eine professionelle Bestandsaufnahme, die Vereinbarung von Stundungen mit den Gläubigern und andere Maßnahmen können dazu beitragen, die Lage zu entspannen.
Selbstständigkeit aufgeben
Nicht immer endet die Selbstständigkeit mit Insolvenz oder Pensionierung. Ein raues ökonomisches Umfeld kann Selbstständige auch zur freiwilligen Aufgabe veranlassen.
Infrage kommt neben Verkauf oder Verpachtung auch eine Betriebsschließung bzw. Stilllegung. „Im Fall einer Betriebsschließung sind zahlreiche Punkte zu berücksichtigen – angefangen von arbeitsrechtlichen Aspekten für die Mitarbeiter, der Beendigung von Miet- und Pachtverträgen bis zu steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten”, sagt Strohmaier.
Nicht selten haben sich im Zuge von Beratungsgesprächen aber auch Sanierungen als bessere Wege erwiesen.