Schnell gehts nicht
© APA/dpa/Boris Rössler
Die Europäische Zentralbank EZB hat den Einlagenzinssatz erstmals seit 2019 vorsichtig gesenkt.
FINANCENET Redaktion 21.06.2024

Schnell gehts nicht

Erste-AM-Chefvolkswirt Gerhard Winzer: „Ein schneller Zinssenkungszyklus geht sich schwer aus”.

WIEN. Nach schnellen und kräftigen Zinsanhebungen in den Jahren 2022 und 2023 hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Einlagenzinssatz von 4% auf 3,75% gesenkt.

Nach diesem ersten Schritt der EZB ist die Unsicherheit über die zeitliche Ausgestaltung von weiteren Zinssenkungen erhöht, meint Erste Asset Management Volkswirt Gerhard Winzer. Die EZB steckt in einem Dilemma: Auf der einen Seite könnten zu frühe Leitzinssenkungen die Inflation auf einem zu hohen Niveau halten.
Auf der anderen Seite könnten zu späte Leitzinssenkungen die wirtschaftliche Aktivität unnötigerweise dämpfen. Die Verlautbarung der EZB zur Zinsentscheidung lässt eine vorsichtige Haltung erkennen: Die Höhe und die Dauer der restriktiven Haltung, um das Inflationsziel zu erreichen, bleiben datenabhängig und werden von Sitzung zu Sitzung entschieden.

Gutes Wirtschaftswachstum

Tatsächlich haben sich trotz der hohen Zinsen die Finanzmärkte und das Wirtschaftswachstum überraschend gut entwickelt. Die Wirtschaft im Euroraum erlebte zwar bis Ende des vergangenen Jahres eine fünf Quartale andauernde Stagnation, die von vielen Ökonomen befürchtete Rezession ist aber ausgeblieben. Im ersten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt sogar um 0,3% im Quartalsabstand gewachsen. Eine Schätzung auf Basis von Frühindikatoren deutet auf einen ähnlichen Wert im 2. Quartal hin. Gleichzeitig ist seit Jahresanfang der erhoffte weitere Rückgang der Inflation nicht eingetreten.

Kein schneller Zyklus

Gerhard Winzer kommentiert: „Die Inflation lag im Mai über den Erwartungen und ist im Jahresabstand sogar von 2,4 auf 2,6 Prozent gestiegen. Solange die Eurozone von einer Rezession verschont bleibt, geht sich ein schneller Zinssenkungszyklus schwer aus. Um mittelfristig das Inflationsziel von 2,0 Prozent zu erreichen, wird die EZB an ihrer restriktiven Zinspolitik festhalten.”

Trotz der jüngsten Leitzinssenkung bleiben die Renditen von Unternehmensanleihen attraktiv, so Winzer: „Besonders Unternehmensanleihen aus dem High Yield-Bereich bieten ein interessantes Chancen-Risiko-Verhältnis”. (rk)

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