••• Von Reinhard Krémer
Die Coronakrise schlug vielen auf den Magen – und offenbar auch auf das Vermögen privater Haushalte der Eurozone: Obwohl über 165 Mrd. € neu in Finanzanlagen geflossen sind – und damit so viel wie seit 2007 nicht mehr in einem Jahresanfangsquartal –, hat sich ihr Gesamtwert kapitalmarktbedingt um 771 Mrd. € oder um drei Prozent gegenüber Dezember 2019 auf 25,1 Bio. € reduziert.
Das war der mit Abstand höchste Finanzvermögensverlust binnen drei Monaten in den letzten 20 Jahren. Zum Vergleich: Der zweitgrößte Quartalsverlust betrug im dritten Quartal 2001 „nur” 2,6%. Ursächlich war damals das Platzen der Dotcom-Blase.
Heftiges Minus
Das stärkste Minus in der Finanzkrise lag im ersten Quartal 2008 lediglich bei 2,3%. Das zeigt die Analyse „Unser Geld & Covid-19” der ING in Österreich. Österreichische Bürger sind im ersten Quartal jedoch noch vergleichsweise gut davongekommen, sie verloren 2,2% bzw. 15 Mrd. € auf 701 Mrd. €.
Hoher Bargeldanteil
Grund dafür ist der vergleichsweise hohe Anteil an Bankeinlagen inkl. Bargeld (41% vs. Eurozone 35%) und sonstigen Anteilsrechten an Unternehmen (19% vs. Eurozone sieben Prozent), die entweder gar nicht oder nur in geringem Maße auf Schwankungen des Kapitalmarkts reagieren. Allerdings wird in der historischen Einordnung deutlich, wie heftig der Vermögensrückgang war.
Heftiger Absturz
So war auch für Österreich der Vermögensrückgang mit deutlichem Abstand der höchste der letzten 20 Jahre. Der zweithöchste Rückgang auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im vierten Quartal 2008 fiel damals mit 1,4% gegenüber dem Vorquartal signifikant niedriger aus. Insgesamt mussten Bewohner aus 16 der 19 Eurozone-Länder im ersten Vierteljahr Vermögenseinbußen hinnehmen.
Griechen hart getroffen
Am heftigsten betroffen war Griechenland mit minus elf Prozent gegenüber dem Vorquartal, im Wesentlichen bedingt durch überdurchschnittlich hohe Verluste des Aktienvermögens.
Auf den weiteren Plätzen folgen Italien mit minus 5,1% und Belgien mit minus 4,4%. Andererseits konnten litauische, holländische und zypriotische Einwohner ihr Vermögen sogar im gleichen Zeitraum noch um 5,8%, 3,3% bzw. 0,5% gegenüber dem Vorquartal steigern.
Betrachtet man den Nettoeffekt im ersten Quartal 2020 verglichen mit den vergangenen zwölf Monaten, also die Summe aus Mittelzuflüssen (Einzahlungen) und Wertentwicklung (Rendite), liegt der gesamte Euroraum weiterhin mit 1,4% im Plus.
Rebound auf Rekordnievau
Gleiches gilt für fast alle Einzelländer. Mit Griechenland, Italien, Belgien und Spanien liegen nur vier von 19 Ländern auch gegenüber dem Vorjahreswert im roten Bereich.
So heftig und unerwartet die Corona-Pandemie einschlug, so schnell scheint ihr negativer Effekt auf das Finanzvermögen auch schon wieder verpufft. Mit der Erholung der Kapitalmärkte und weiterhin sehr hohen Neuanlagen stieg das Finanzvermögen in Österreich um schätzungsweise drei Prozent oder 21 Mrd. € auf einen neuen Rekordwert von 722 Mrd. € per Ende Juni 2020. Innerhalb eines Quartals ist dies der höchste absolute Vermögensanstieg aller Zeiten sowie der dritthöchste prozentuale Anstieg der letzten 20 Jahre.
Bargeld ist Trumpf, aber …
Corona hatte und hat naturgemäß einen starken Impact auf die Verwendung von Bargeld. Im Vergleich zu zwölf weiteren befragten Ländern in Europa ist die Verwendung von Bargeld in Österreich zum Teil noch immer enorm hoch, zeigt die zeigt die neueste IIS ING International Survey, ebenfalls im Auftrag der ING in Österreich.
Hierzulande wird beispielsweise für Kaffee und Snacks zu 78% in Cash bezahlt; im Durchschnitt der zwölf europäischen Länder sind es 57%. In Restaurants zahlen die Österreicher zu 71% in bar, hingegen sind es im Europadurchschnitt nur 30%. Und dies, obwohl die Barzahlungsquote im Vergleich zum Vorjahr in Österreich deutlich gesunken ist. „Nach wie vor ist Österreich die Bargeld-Nation Nummer eins. Und das trotz flächendeckender kontaktloser Zahlungsmöglichkeiten mit Karte und Co.”, sagt Barbaros Uygun, Chef der ING in Österreich.
… die Karte holt auf
Ein Beispiel: Bei der Umfrage gab jeder dritte Österreicher (32%) an, das neue Paar Schuhe im Geschäft bar zu bezahlen, während es im Europadurchschnitt nur 17% sind.
43% der Österreicher verwenden jetzt wegen Corona die Karte öfter, als vor der Pandemie; im Europadurchschnitt sind es mehr, nämlich 52%.
Das Bezahlverhalten ändert sich damit langsamer als in anderen Ländern, aber dennoch klar.
„Die Anhebung auf 50 Euro beim Bezahlen ohne PIN war ein wichtiger, sinnvoller Schritt, um die Kartennutzung zu forcieren”, so Uygun.