Berlin. Neue Blickwinkel auf Asien erörterten zahlreiche Experten anlässlich der in Berlin stattfindenden Asia Conference 2015. Einhelliger Tenor: Der Ausblick für die Region hellt sich insgesamt auf. Andreas Utermann, Chef-CIO bei Allianz Global Investors (GI): „Wir halten an unserem Basisszenario fest, wonach sich das globale Wirtschaftswachstum nah an seinem Potenzialwert entwickeln dürfte.” Der Wachstumstrend in der entwickelten Welt weise im Vergleich zu Emerging Markets (EM) ein höheres „Momentum” auf, die Wirtschaftsdaten aus Schwellenmärk-ten deuten tendenziell auf eine Stabilisierung hin.
Der Ausblick für Asien sei aber freundlicher, da das aktuelle Umfeld eher Rohstoffimporteuren als -exporteuren zugutekomme.
Reformen allerorts
„Der Schlüssel zum Wachstum in Asien liegt in den verschiedenen Programmen zu Strukturreformen verschiedener Regierungen”, ist Raymond Chan, CIO Equity Asia Pacific bei AllianzGI, überzeugt. Die Marktteilnehmer dürften dies angesichts der gestiegenen Verschuldung des privaten Sektors und der möglicherweise entstehenden Blase – mit Anzeichen einer Überhitzung des Aktienmarkts und des Immobilienmarkts in China –, unterschätzen. Von der erstarkenden neuen Führungsriege in der Region seien drei Milliarden Menschen tangiert – als Nationen führt Chan China, Indien, Korea, Japan, Thailand und Indonesien an. „In einigen Jahren werden wir ein ganz anderes China sehen, nach der weiteren Öffnung der Finanzmärkte, den Fiskal- und Sozial-Reformen sowie jenen im Finanzdienstleistungssektor”, zeigt sich Chan auch von den Anti-Korroptionsmaßnahmen beeindruckt.
„Nach der globalen Finanzkrise holt Chinas Aktienmarkt wieder mit hohem Tempo auf. Zählte man die Kapitalisierung der an den Börsen Hongkong, Shanghai und Shenzhen notierten AGs zusammen, wäre China der weltweit zweitgrößte Aktienmarkt”, betont Christina Chung, Head of China Equities bei AllianzGI.
Fazit: So gut wie alle Marktteilnehmer hätten derzeit chinesische Titel zu stark untergewichtet.
Für Japan spreche die Veränderung der Anlagepolitik des öffentlichen Pensionsfonds, für Südkorea die Entflechtung der intransparenten Chaebols (die führenden familiendominierten Wirtschaftskonglomerate). Auch Thailands Regierung bekämpfe die Korruption, um stärker ausländische Direktin-vestitionen anzuziehen. Weniger bullish ist Chan für Indonesien, immerhin aber kurbelt Präsident Joko Widodo die Infrastrukturausgaben an und kürzt die Treibstoff-Subventionen.
Immer mehr Dividenden
Ganz stark dagegen glaubt er an Indiens Premier Narendra Modi: „Die Einführung einer einheitlichen Umsatzsteuer für die 29 Bundesstaaten bis April 2016 ist auf einem guten Weg.”
Wessen sich wenig Anleger bewusst sein dürften: In der Region Asien/Pazifik werden Dividenden immer üblicher und wichtiger. An die 550 Unternehmen im Anlage-universum (ohne Japan) mit einer Marktkapitalisierung größer als 1 Mrd. US-Dollar (910 Mio. Euro) weisen eine Dividendenrendite von mehr als 3% auf.
Immer wichtiger würden auch die sogenannten Frontier-Märkte, wie etwa Pakistan und Vietnam, mit BIP-Zuwächsen von 4 respektive 6%. Vor allem in Vietnam siedelten sich immer mehr Niederlassungen westlicher Konzerne als Alternative zu China an (siehe dazu auch medianet vom 22.5.2015 Seite 36). Wer solche Märkte einem Asien-Portfolio beimische, könne zudem gut diversifizieren, da sie wenig mit den etablierten asiatischen Märkten korrelierten.
Auch Anleihen attraktiv
Auch asiatische Bonds sind attraktiv. „Der Großteil asiatischer Staatsanleihen wird heute von Rating-Agenturen mit ,investment grade' bewertet – mit im Vergleich zu Staatsanleihen westlicher Industrienationen sehr attraktiven Renditen”, so David Tan, CIO Fixed Income Asia Pacific.
Den meisten Lokalwährungen stünden Aufwertungen bevor, jedoch sei man mit Dollar-Tranchen auf der sicheren Seite. ?(lk)