••• Von Linda Kappel
WIEN. Wer „Mikrokredit” hört, denkt sehr oft automatisch an Projekte in afrikanischen oder asiatischen Entwicklungsländern. Das Mikrofinanzierungsinstitut Oikocredit unterstützt jedoch auch europäische Projekte, sogar auch in EU-Ländern – immer mit dem Ziel, Menschen dabei zu unterstützen, dort bleiben zu können, wo sie sind und ihnen „Armut zu ersparen”.
Als zynisch kommentiert Günter Lenhart, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Oikocredit Austria, bei einer Pressekonferenz anlässlich des 25-jährigen Österreich-Jubiläums das stattfindende „Auseinanderdividieren von Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen – von Haus aus zu sagen, der Mensch habe kein Recht auf Verbesserung seines Lebens, ist zynisch. Kinder verhungern auch aus wirtschaftlichen Gründen, Menschen nehmen oft alles in Kauf, um überleben zu können.”
Maximal zwei Prozent Zinsen
Die nicht auf Gewinn ausgerichtete Genossenschaft mit Hauptsitz in den Niederlanden verfügt wie in Österreich auch in vielen Ländern über Förderkreise, über die Anleger Genossenschaftsanteile erwerben können. Die Geldanlage wird mit maximal zwei Prozent verzinst.
Ökonomische Ermächtigung
„Armut kommt nicht über Nacht, sie ist systematisch und politisch”, betonte Ging Ledesma, Direktorin für Social Performance Management bei Oikocredit International. Angesichts dessen, dass sich Menschen in Entwicklungsländern mit erschwerenden Bedingungen durch Diktaturen und Korruption usw. konfrontiert sehen, setzt Ledesma Hoffnung darin, dass ökonomische Ermächtigung auch zu besserem politischem Mitspracherecht führe. Durch Anhebung des Bildungsniveaus könnten die Menschen besser mit derartigen Nöten umgehen.
Die Impact-Investment-Expertin stellt sicher, dass Mikrofinanz ihre soziale Wirksamkeit entfalten kann. Kredite an Menschen zu vergeben, die sozial benachteiligt sind und keinen Zugang zu Bankfinanzierungen bekommen, sei nicht immer genug. Die vor 40 Jahren gegründete Entwicklungsgenossenschaft bietet daher – mit der Kredit-Vergabe verbunden – auch Beratung und Training an; zudem werden die Effekte regelmäßig gemessen.
Zugang zu Märkten eröffnen
Der Großteil der Projekte wird derzeit in Lateinamerika und Asien realisiert. In den nächsten fünf Jahren möchte sich Oikocredit vor allem auf Finanzierungen und Projekte in Afrika konzentrieren. Laut Ledesma stehen Themen wie nachhaltige Landwirtschaft, erneuerbare Energien und Fairtrade im Fokus.
Ganz wesentlich für Kleinstunternehmer und Kleinbauern sei auch der Zugang zu den Märkten. Deshalb arbeitet Oikocredit auch mit größeren Unternehmen zusammen, auch unter ihnen finden sich welche, die „offen sind, ethisch zu arbeiten”, so Ledesma.