20.000 Krebsärzte am Weg nach Wien
© dpa/A3399 Arne Dedert
Die Krebsmedizin hat dank neuer Forschungsergebnisse der Industrie in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gemacht.
HEALTH ECONOMY 18.09.2015

20.000 Krebsärzte am Weg nach Wien

Kommende Woche geht in der Bundeshauptstadt der euopäische Krebskongress über die Bühne. Die Industrie will mit neuen Studienergebnissen aufwarten.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Ein wissenschaftliches Großereignis in Wien wirft seinen Schatten voraus: Vom 25. bis 29. September findet in der Bundeshauptstadt der Europäische Krebskongress mit rund 20.000 Teilnehmern statt. War im Jahr 2012 beim Kongress der European Society of Medical Oncology in Wien die zielgerichtete Therapie zentrales Thema, ist jetzt die sogenannte Immuntherapie bei Krebs das Thema, das die Branche beherrscht. „Die Immuntherapie wird die Landschaft der Krebstherapie völlig verändern”, stellt der lokale Organisator des Kongresses, der Wiener Onkologe Christoph Zielinski (Comprehensive Cancer Center MedUni Wien und AKH), fest.

In den vergangenen Jahren hat die zielgerichtete Krebstherapie auf der Basis der molekulargenetischen Analyse von Tumoren die Behandlungsmöglichkeiten bei einigen bösartigen Erkrankungen deutlich verbessert. Speziell auf bestimmte Ziele an der Oberfläche von Tumorzellen fokussierte monoklonale Antikörper oder auf Wachstums-Signalwege in den Zellen gerichtete Therapien wie Tyrosin-Kinase-Hemmer haben in den vergangenen Jahren die Lebenserwartung zum Beispiel von Frauen mit bestimmten Mammakarzinomen auch bei fortgeschrittener ­Erkrankung verbessert.

Viele Fragen offen

Aber der Effekt aller dieser Medikamente ist beschränkt – auf jene Tumorerkrankungen, bei denen jeweils die spezifisch angesteuerte Genmutation vorliegt. Darüber hinaus hält die Wirkung der Arzneimittel bei fortgeschrittenen Tumor­erkrankungen nur relativ kurz an, weil sich Resistenzen bilden.

Zielinski dazu: „Wir haben in den vergangenen Jahren zu verstehen begonnen, wie wir bei manchen Krebserkrankungen mit Medikamenten eingreifen können, die ganz speziell auf von der Molekularbiologie identifizierten Zielen ansetzen. Doch nicht immer funktioniert das. Wir wissen nicht immer, warum das so ist.”
Seit einiger Zeit sind die Onkologen deshalb weltweit dabei, eine neue Qualität in der medikamentösen Krebstherapie zu erreichen: Die sogenannte Immuntherapie, bei der es offenbar erstmals gelingt, dem körpereigenen Immunsystem zur ausreichenden Erkennung der bösartigen Zellen zu verhelfen und die darauf erfolgende Immunantwort gegen den Krebs zu nutzen.

Verschiedene Therapien

Wurden schon mit den Medikamenten der zielgerichteten Therapie bessere Behandlungsergebnisse als mit Chemotherapie erzielt, wurden mit den Immuntherapeutika zum Teil sogar noch deutlich bessere Ergebnisse erzielt. Wissenschafter vom französischen Krebsforschungszentrum Gustave Roussy publizierten im Jänner eine Studie mit 418 Melanompatienten. Im Vergleich zu einer Behandlung mit dem Chemotherapeutikum „Dacarbazine” zeigte sich eine Steigerung der Ein-Jahres-Überlebensrate von 42,1 auf 72,9 Prozent, wenn man „Nivolumab” verwendete. Die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung erhöhte sich von 2,2 auf 5,1 Monate, die Ansprechrate von 13,9 auf 40 Prozent. Das sind Resultate, welche viele andere Therapieentwicklungen bei Krebs in der Vergangenheit übertreffen.

„Die Immuntherapie wirkt ganz anders als die Chemotherapie und auch ihre Nebenwirkungen sind anders. Je nach Tumorform wird es aber nach wie vor Patienten geben, die eine Chemotherapie erhalten; die Behandlung hängt ganz von der jeweiligen Beschaffenheit des Tumors ab”, erklärte Gabriele Kornek, Präsidentin des Vereins „Leben mit Krebs” und Ärztliche Direktorin des AKH, bei einer Pressekonferenz in Wien.

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