••• Von Martin Rümmele
WIEN. Die Pharmabranche hat einen neuen Präsidenten: Bei der Generalversammlung am Freitag wurde Martin Munte, Österreich-Chef des Biotechnologie-Unternehmens Amgen, für drei Jahre zum Präsidenten bestellt. Er folgt auf Robin Rumler (Pfizer), der dem Verband über zwei Amtsperioden insgesamt sechs Jahre lang vorstand. Dem neu gewählten Präsidenten steht mit Chantal Friebertshäuser (MSD) erstmals eine Vizepräsidentin zur Seite. Auch Rumler bleibt dem Verband als Vizepräsident erhalten. Neuer und damit dritter Vizepräsident ist Wolfram Schmidt (Roche).
In seiner Antrittsrede präsentierte Munte das Arbeitsprogramm und die Zielsetzung des Pharmig-Vorstands für die kommenden drei Jahre. Die Schwerpunkte werden dabei auf den drei großen Themenbereichen Standort Österreich, Zugang zu Innovationen und Image der Pharmaindustrie liegen. Der Industrie könne nicht, so Munte, die gesamte Ausgabensteigerung im Gesundheitswesen angelastet werden. Die Pharmig sieht Munte im medianet-Gespräch als Partnerin, die an klaren und planbaren Rahmenbedingungen mitarbeitet.
medianet: Wo werden Sie die Schwerpunkte Ihrer Präsidentschaft setzen?
Martin Munte: Ein wichtiges Thema ist die Transparenz. Der Begriff wird im Gesundheitswesen oft verwendet, aber ich meine damit, dass wir Wert darauf legen, in dieser reglementierten Branche die Leistungen und Geschäftsbeziehungen künftig wirklich transparent darzustellen. Spätestens ab ersten Juli werden wir nach den Richtlinien des europäischen Verbandes unsere Geschäftsbeziehungen mit Angehörigen und Institutionen der Fachkreise in Österreich veröffentlichen. Damit wollen wir auch sagen, dass wir durchaus dazu stehen, wofür wir Geld ausgeben. Wir wollen aber eben auch genau zeigen, wofür es ausgegeben wird. Dafür arbeiten wir ja auch mit der Ärztekammer zusammen.
medianet: Was ist der Grund?
Munte: Wir wollen auch Transparenz dahingehend, dass wir die Leistungen der Pharmawirtschaft darstellen. Das bedeutet eben auch Transparenz in Richtung Innovationen. Pharmazeutische Forschung ist ja auch ein großes Risiko. Das wollen wir aufzeigen. Wir wollen aber auch klar zeigen, welchen Nutzen neue Medikamente bringen. Gleichzeitig ist es uns ein Anliegen, dass Transparenz auch aufseiten der Kostenträger erfolgt.
medianet: Die Krankenkassen kritisieren die hohen Preisforderungen der Industrie und Kostenanstiege bei Medikamenten.
Munte: Wir müssen hier wegkommen von einer reinen Betrachtung der Kosten und hin zu einer gesamthaften Betrachtung von Therapien. Tatsächlich machen die Arzneimittelkosten ja nur 12,2 Prozent der Gesundheitsausgaben aus. Bei den Krankenhäusern sind etwa die Kosten und vor allem die Ineffizienzen viel höher – auch deshalb braucht es Transparenz und eine Diskussion über die Fakten.
medianet: Wie sehen Sie das?
Munte: Beim Rahmen-Pharmavertrag zahlen wir heuer 125 Millionen Euro als Solidarbeitrag – auch, um planbare und partnerschaftliche Rahmenbedingungen zu haben. Wir pochen aber eben auf die Fakten: Im Vorfeld der Gespräche über den neuen Vertrag wurde viel von Kostenexplosionen im Arzneimittelbereich gesprochen. Jetzt liegen die Zahlen für das Vorjahr vor, und wir sehen, dass nichts explodiert ist. Es gab ein Plus von 5,4 Prozent, wir lagen aber insgesamt in den vergangenen Jahren im vereinbarten Korridor der Ausgabensteigerungen. Im ersten Quartal 2016 gibt es sogar nur ein Plus von knapp über einem Prozent. Wir wissen, dass es auch individuelle Rabattverträge zwischen Firmen und Kassen gibt. Auch wenn uns die Höhe nicht bekannt ist, vermutlich gibt es insgesamt sogar ein Minus im Markt.
medianet: Wie sehen Ihre Forderungen aus?
Munte: Es braucht eben Transparenz. Alle Rabatte müssen eingerechnet werden. Das ist vor allem wichtig, weil jetzt auch über eine Modifikation des Erstattungskodex verhandelt wird. Wenn wir die Fakten auf dem Tisch haben, dann sind wir auch bereit, den Kassen in allen Bereichen entgegenzukommen und Kompromisse zu suchen. Natürlich hätte man die Diskussion vonseiten der Industrie positiver führen können und zeigen, dass eben diese neuen Medikamente auch viele andere teure und belastende Behandlungen verhindern.
medianet: Der Vorwurf der Krankenkassen ist, dass Anleger und Investoren die Industrie zu den hohen Preisen drängen, um rasch Renditen zu erzielen.
Munte: Viele Unternehmen sind börsenotiert und haben klare Finanzziele. Das hohe Risiko der Forschung bedingt auch, dass Investoren eine Verzinsung ihrer Beteiligungen wünschen. Gleichzeitig belebt aber auch die Konkurrenz das Geschäft. Wir sind aber gefordert, bei hochpreisigen, innovativen Produkten mehr zu kommunizieren. Das Beispiel und die Folgen von Hepatitis C sind in vielen Chefetagen verstanden worden. Aber wir müssen auch zeigen, dass die Entwicklung eben nicht dazu geführt hat, dass die Kassen über Gebühr belastet worden sind. Wir wollen hier Transparenz, aber keine Polemik.