Aufschwung wackelt
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Zuwächse Für heuer erwartet der Finanzdienst­leister Bloomberg für die Top 10-Pharma­konzerne ein Umsatzwachstum von 7% auf über 440 Mrd. €.
HEALTH ECONOMY Redaktion 17.01.2020

Aufschwung wackelt

Internationale Beobachter rechnen für heuer mit einem guten Jahr für die Gesundheitswirtschaft; die Medizinprodukte-Branche kämpft.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. 2019 dürfte einen Rekord für die Pharmabranche bringen. Einige große Unternehmen der Branche haben im Vorjahr ihre Umsatzprognosen mehrfach nach oben korrigiert – zuletzt auch im dritten Quartal. Viele Konzerne erzielten höhere Umsätze, als ursprünglich prognostiziert. Dieser Aufwärtstrend könnte sich 2020 weiter fortsetzen, schätzen Analysten und der Finanzdienstleister Bloomberg. Demnach könnten heuer die zehn größten Pharmaunternehmen in Summe eine Umsatzsteigerung von rund sieben Prozent auf über 440 Mrd. € erzielen. Zuwächse dürfte es mit neuen Diabetesmedikamenten, Krebstherapien und bei seltenen Erkrankungen geben, sind Experten einig. Profitieren werden davon einmal mehr US-Konzerne

Deutschland schwächelt

Es gibt allerdings auch Schattenseiten: Die bislang zuverlässig überdurchschnittlichen Geschäftserwartungen in der gesamten Gesundheitswirtschaft geben im Nachbarland Deutschland deutlich nach, zeigt der im Dezember 2019 veröffentlichte Report des Deutschen Indus­trie- und Handelskammertags (DIHK) zur Lage in der Branche. „Fachkräftemangel, schwierige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, ein konfliktreicher Welthandel – das bekommen auch die Unternehmen in der Gesundheitswirtschaft immer mehr zu spüren”, erklärt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks die Entwicklung. Die Geschäftserwartungen seien „so schlecht wie seit zehn Jahren nicht mehr”. Dass insbesondere die Medizintechnik und der Handel mit Gesundheitsgütern deutlich weniger positiv in die Zukunft blicken als bisher, liegt nach Dercks' Einschätzung nicht zuletzt an der EU-Verordnung für Medizinprodukte, die ab Mai 2020 gelten wird. „Diese baut neue regulatorische Hürden für innovative Medizinprodukte auf und macht es den vielen kleinen und mittleren Unternehmen schwerer, neue Produkte und Anwendungen in die Praxen, Krankenhäuser und zu den Patienten zu bringen.” Das könnte „am Ende sogar den medizinischen Fortschritt gefährden”, warnt der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer.

Die Pharmaindustrie wird hingegen laut dem Handelsblatt vom Innovationsboom und den Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen sowie der Zusammenarbeit mit dem IT-Sektor profitieren. Neue Therapien werden zunehmend durch den Einsatz enormer Datenmengen und Künstlicher Intelligenz entwickelt; das treibt auch die Preise massiv nach oben. Dem gegenüber steht allerdings der Preisdruck bei Altprodukten.
Dazu tragen u.a. die Entwicklungen in den USA bei. Obwohl dieser Markt nach wie vor für die Pharmaunternehmen an erster Stelle stehe, habe er stark an Dynamik verloren, sagen Experten. Insbesondere höhere Rabatte gegenüber den US-Versicherern sorgten in den USA für geringere Umsätze der Arzneimittelhersteller. Außerdem hat die US-Arzneimittelbehörde FDA in den vergangenen Jahren das Zulassungsverfahren für Nachahmerprodukte beschleunigt.

Preisdruck auch in China

Auch in China steigt der Druck auf Preissenkungen. Im Pharmasektor wecken Geschäfte in der Volksrepublik noch immer hohe Erwartungen, und zudem wird weiterhin viel in China produziert, doch auch hier werden die Hürden höher. Zuletzt mussten Hersteller wie die Schweizer Unternehmen Roche und Novartis Preissenkungen von durchschnittlich 60% zustimmen, um auf eine Liste mit Medikamenten zu gelangen, die vom Staat erstattet werden.

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