Der Pharmaindustrie geht das Personal aus
© Takeda/privat
HEALTH ECONOMY Redaktion 30.06.2023

Der Pharmaindustrie geht das Personal aus

Heimische Pharmaunternehmen versuchen mit neuen Konzepten und Angeboten offene Stellen zu besetzen.

••• Von Katrin Grabner

Nicht nur in den Krankenhäusern und Ordinationen fehlt das Personal. Auch die Pharmaindustrie kämpft zunehmend mit dem Fachkräftemangel. Vor allem in der Produktion wird es immer schwieriger, Personal zu finden, aber auch für technische Jobs sowie im Entwicklungs- und Laborbereich wird gesucht. ­medianet sprach mit drei Pharmakonzerne mit österreichischen Standorten, wie sie mit der aktuellen Situation umgehen und welche Rolle dabei Roboter sowie Augmented und Virtual Reality spielen.

Schichtarbeit ist „out”

Über 700 Mitarbeiter beschäftigt der japanische Pharmaunternehmen Takeda in Linz – insgesamt sogar 4.500 in Österreich – , bei der amerikanischen Firma Thermo Fisher Scientific – ebenfalls in Linz – sind es knapp 800 Menschen, beim Schweizer Biotechnologie und Pharmakonzern Novartis und der Generikasparte Sandoz arbeiten zusammen über 5.000 Personen in Österreich. Alle drei Firmen spüren den Fachkräftemangel. Takeda Linz zählt zum Zeitpunkt der Anfrage knapp 20 offene Stellen, bei Thermo Fisher Scientific sind es laut veröffentlichten Zahlen sieben, bei Novartis/Sandoz am Standort Kundl sogar 150 unbesetzte Posten. Besonders betroffen ist die Produktionsarbeit – der Bereich, der meist noch im Drei-Schicht-Betrieb geführt wird.

Bei Sandoz wurden seit September rund 200 neue Mitarbeitende aufgenommen, dennoch fehlen derzeit fast genauso viele. Man suche „händeringend” nach Personal, vor allem im Produktionsbereich, heißt es auf Anfrage von medianet. Ähnliches berichtete auch Roland Fabris, Geschäftsführer und Leiter der Takeda Linz, im Rahmen einer Pressereise. Keiner wolle mehr Nachtschichten machen, Teilzeit werde immer beliebter. Bei Takeda Linz schaue man sich deshalb an, ob geteilte Schichten ein mögliches Modell wären.

Roboter, AR & Co. als Chance

Fabris denkt außerdem, dass in Zukunft mehr Automatisierung stattfinden wird, um fehlende Schichtarbeiter zu ersetzen. Aber nicht nur das: Schon jetzt werden Roboter, Cobots sowie Augmented und Virtual Reality eingesetzt – teils, um zu ersetzen, teils zu Ausbildungszwecken. So können Mitarbeitende mithilfe von Augmented-Reality-Brillen an einer Nachbildung der Maschinenanlage heikle Prozesse üben, bevor sie an den echten Maschinen arbeiten.

Auch bei Sandoz wird „kontinuierlich in Prozessinnovationen und Automatisierungen wie vollkontinuierliche Verpackungsanlagen” investiert – das Personal soll dadurch aber nicht ersetzt werden, Künstliche Intelligenz und Ähnliches sollen unterstützend eingesetzt werden und Prozesse optimieren.

Benefits als Pluspunkt

Wie auch bei Takeda arbeitet man bei Sandoz derzeit an einer Ausarbeitung von flexiblen Schichtmodellen, und auch bei Thermo Fisher Scientific ist man sich des Problems bewusst. Ulrich Wieltsch, Technischer Direktor bei Thermo Fisher Scientific, versteht, dass jüngere Generationen nicht mehr im Schichtbetrieb arbeiten wollen, und plädiert für ein Umdenken in der Branche.

Abgesehen davon versuchen alle drei Unternehmen, Beschäftigte durch attraktive Rahmenbedingungen zu gewinnen. Bei Takeda werden internationale Job Rotations, Trainings sowie ein Betriebskindergarten angeboten. HR wird immer wichtiger (siehe Kasten). Novartis Österreich setzt auf 14 Wochen bezahlte Elternzeit und initiierte 2022 mit dem Wifi Tirol die Gründung der Axils GmbH, die auf die Aus- und Weiterbildung sowie Personalentwicklung von Lehrlingen, Fachkräften und Führungskräften im Life Science-Bereich spezialisiert ist. Auch Thermo Fisher Scientific achtet darauf, Mitarbeitende zu fördern. So wurden 80% des Personals in leitenden Funktionen intern gefördert und sogar mehr als 90% des mittleren Managements. Ob all die Maßnahmen helfen werden, wird sich zeigen.

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