••• Von Sabine Bretschneider
WIEN. „In diesem Buch werden Sie erfahren, dass Ihrem Schicksal, das Sie bisher vielleicht für gottgegeben oder vom Zufall oder Ihren Genen bestimmt hielten, biologische Prozesse zugrunde liegen. Prozesse, (...) die Ihr Bild von sich selbst, von Ihren Mitmenschen und von ganzen Gesellschaften und Kulturen verändern werden”, heißt es im Vorwort zu Johannes Hubers aktuellstem Buch „Die Anatomie des Schicksals”.
Die dunkle Seite der Genetik
Eine große Rolle darin spielt die Epigenetik, Änderungen der Genfunktion, die nicht auf einer Umformung der DNA beruhen – und, das ist der spektakuläre Aspekt, dennoch vererbt werden.
Galt die DNA lange Zeit als die große und einzige Komponente im Bereich der biologischen Übertragung von organischen und auch psychischen Faktoren von einer Generation auf die nächste, so habe die evolutionäre Entwicklungsbiologie jetzt „die stille, schicksalhafte Macht der dunklen DNA und der micro-RNA” entdeckt.
„Kein unbeschriebenes Blatt”
„Kommt der neue Mensch?”, betitelte Huber seinen Vortrag bei der Veranstaltungsreihe „Grand Talk” im Grand Hotel Wien. Dabei schlug er den Bogen von der Zunahme an Kaiserschnitten wegen der (anhaltenden) Evolution des Menschen bis zur dunklen Materie im Weltraum – und von Googles Biotechunternehmen Calico, das Methoden gegen die menschliche Alterung entwickelt, bis zur Microsoft-Tochter HealthVault und dem Amazon-Projekt „1492”, die global Gesundheitsdaten speichern.
Der Mensch sei nicht nur „kein unbeschriebenes Blatt”, wenn er zur Welt kommt, so Huber, sondern es werde auch zunehmend intensiv daran gearbeitet, dessen Bauplan bewusst zu verändern und zu „optimieren”.
Die Ankündigung der japanischen Regierung, die Hybridforschung Mensch-Tier zur Schaffung von Ersatzteillagern freizugeben, wurde ebenso ebenso thematisiert wie Craig Venters Entschlüsselung des menschlichen Genoms und die modernen Möglichkeiten, in die Genregulationen einzugreifen. Das mache, so das Fazit des Mediziners und Theologen, eine „Ingenieurarbeit der besonderen Art” möglich: den Bau des neuen Menschen.
Neue Feudalherren
Huber: „Die Feudalherren von morgen sind nicht mehr der Adel, sondern die Verwalter der ungeheuren virtuellen Datenmenge und deren Interpretation durch künstliche Intelligenz.”
https://www.grandhotelwien.com/de/grand-talks/