Ein Impfstoff mit Image-Problem
© APA/AFP/TT News Agency/Johan Nilsson
Studien Noch nie wurde öffentlich so viel über Wirksamkeiten und Pharmastudien diskutiert. Allerdings werden die komplexen Themen oft auch falsch ­verstanden.
HEALTH ECONOMY Redaktion 05.03.2021

Ein Impfstoff mit Image-Problem

Er ist simpel in der Logistik, leicht herzustellen und wirksam – dennoch steht der Impfstoff von AstraZeneca in der Kritik.

••• Von Martin Rümmele

LONDON / WIEN / INNSBRUCK. Geht es nach dem Tiroler Ärztekammerpräsidenten Arthur Wechselberger, so hat die Politik den Ruf eines Corona-Impfstoffs nachhaltig beschädigt. Mit dem Hinweis, dass der AstraZeneca-Impfstoff gegen die in Tirol verbreitete „Südafrika-Mutation” weniger wirksam sein, habe Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) für Zweifel gesorgt.

Ärzte-Kritik an Kanzler Kurz

Das sei geeignet, Verunsicherung zu erzeugen und einen guten Impfstoff in Misskredit zu bringen, sagt Wechselberger: „Ein Satz ohne nachvollziehbaren Inhalt.” Sich mit solchen Aussagen hinzustellen, sei „der Sache nicht dienlich. Damit öffnet man Spekulationen Tür und Tor. Wo sind denn die belastbaren Fakten?”, fragte Wechselberger in einem APA-Interview. Genau diese versucht der Konzern auch seit Wochen zu liefern, um den Imageschaden zu beheben. Denn nicht nur in Österreich gibt es Kritik. Unter anderem auch, weil mache Länder – darunter Österreich – den Impfstoff nur bis zum Alter von 65 Jahren verwenden.

„Neue ‚Real-World-Evidence'-Daten, die von der britischen Regierung veröffentlicht wurden, sind sehr ermutigend. Sie tragen zur Beweislage bei, die zeigt, dass die Covid-19 Vaccine AstraZeneca schwere Erkrankungen auch bei älteren Erwachsenen reduziert. Diese neuen Daten, zusammen mit den jüngsten positiven Daten aus Schottland, sollten das Vertrauen in die Wirksamkeit des Covid-19-Impfstoffs AstraZeneca in allen Altersgruppen stärken”, sagt Sarah Walters, Geschäftsführerin von AstraZeneca Österreich.
Hintergrund für die Debatte ist ein Missverständnis zwischen absoluten und relativen Häufigkeiten, das offenbar auch unter vielen Ärzten herrscht.

Ein Rechenbeispiel

Dabei geht es um die Frage der Wirksamkeit, die mit Prozent­angaben beschrieben wird. Weil manche Impfstoffe niedrigere Werte haben, glauben viele auch an einen entsprechend geringeren Schutz. Doch 66% wirksam bedeutet nicht, dass im Umkehrschluss 33% Personen krank werden. Die Wirksamkeit bezieht sich nämlich nicht auf die Gruppe der Geimpften, sondern auf jene der Infizierten und deren Risiko, zu erkranken. Läge die Zahl der Infektionen beispielsweise bei drei Prozent und jene der Erkrankungen bei zehn Prozent der Infektionen, würden drei von 1.000 Personen erkranken. Würde eine Impfung zu 100% wirken, wären diese drei Personen geschützt. Wirkt die Impfung zu 66%, wären statt drei von 1.000 Menschen „nur” zwei Menschen geschützt. Es würde also einer von 1.000 (und nicht 333) erkranken.

Doch genau hier liegt die Hürde für die Kommunikation: Der komplexe Zusammenhang ist selbst vielen Gesundheitsberufen nur schwer vermittelbar.

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