••• Von Martin Rümmele
WIEN. Die Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern ist das erklärte Ziel der aktuellen Koalitionsverhandler ÖVP und FPÖ. Von Funktionärsapparat und hohen Verwaltungsaufwänden ist die Rede. Umgekehrt soll eine Reduktion von Trägern Einsparungen bringen. Die von der ÖVP in den vergangenen Jahren mehrfach geforderte und im vergangenen Jahr vom Sozialministerium in Auftrag gegebene Effizienzstudie sieht das auf mehr als 1.400 Seiten differenzierter.
Geringes Wissen
Das Problem dabei: kaum jemand hat die Analyse der renommierten London School of Economics, die in Österreich auch die Unternehmensberater ErnstYoung (EY) beigezogen hat, wirklich gelesen; vielmehr wurden lediglich die Schlussfolgerungen diskutiert. So schlagen die Autoren wie berichtet vier Modelle vor: drei davon mit verschiedenen Varianten von Fusionen und ein viertes Modell, das ohne gesetzliche Änderungen auskommen kann und zuerst die Leistungen und Finanzierungsmodelle der Kassen harmonisiert. Letzteres ist auch das Wunschmodell der Kassen. Kritik der Regierungsverhandler: Dadurch zeige sich, dass die Kassen nicht wirklich veränderungswillig seien und an alten Strukturen festhalten wollen.
Im medianet-Interview lässt nun allerdings der schwarze Hauptverbandspräsident Alexander Biach mit konkreten Zahlen aufhorchen, die seinen Kurs bestätigen sollen. Sowohl die Studienautoren wie auch Beispiele aus Deutschland und nicht zuletzt SV-Fusionen unter der Regierung Schüssel wie jene der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und Angestellten zur PV und jene der Eisenbahner und Bergbaukasse (VAEB) zeigen klar: „Überhastete und schlecht vorbereitete Zusammenlegungen kosten deutlich mehr, als sie bringen”, sagt Biach. „Bei der PV wurden aus zwei Trägern eigentlich zehn – eine Zentrale mit neun Landesstellen. Insgesamt hat das bis jetzt zu einem Mehraufwand von 114 Mio. € geführt. Auch bei der VAEB stiegen die Verwaltungskosten statt zu sinken von vorher 3,1 Prozent auf zuletzt 3,8 Prozent”, rechnet Biach vor und verweist auch auf Beispiele internationaler Konzerne, die bei Fusionen mit enormem Aufwand zu kämpfen hatten.
Warnung vor „Schiffbruch”
Bevor man eine Fusion angehe, müsse man die „Hausaufgaben machen”, fordert der Kassenboss und meint damit die bereits laufende Harmonisierung von Leistungen. Im nächsten Schritt will er auch die verschiedenen Systeme der Beitragseinnahmen und Selbstbehalte angleichen sowie Aufgaben zentralisieren. Nur so würden auch die gewünschten Einsparungen möglich sein. Biach warnt: „Die Politik wird Schiffbruch der Sonderklasse erleiden, wenn sie das verkehrt herum angeht.”