Handel unter Druck
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Apothekerkammerpräsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr sieht die Apotheken als Fundament der Gesundheitsversorgung und erste Anlaufstelle.
HEALTH ECONOMY Redaktion 17.04.2020

Handel unter Druck

Der Pharmagroßhandel und die Apotheken kritisieren sinkende Spannen. Auch coronabedingte Hamsterkäufe helfen da nicht.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Die Coronakrise hat den heimischen Apotheken im März einen Nachfrageschub gebracht. Zu Beginn der Krise deckten sich die Menschen mit Medikamenten nur so ein. Hintergrund war auch die Empfehlung der Krankenkassen, Arztbesuche für das Abholen von Rezepten möglichst zu meiden und diese elektronisch ausstellen zu lassen. In den folgenden Wochen ist allerdings die Kundenfrequenz drastisch zurückgegangen, berichtet der Apothekerverband. Und das verschärft die ohnehin angespannte wirtschaftliche Situation in der Branche.

Spannen nur bei 14,2%

So stieg der Gesamtumsatz der Apotheken im Vorjahr um 2,4% auf 4,415 Mrd. €, und der Umsatz mit den Krankenversicherungen um 3,3% auf 2,969 Mrd. €. Der Privatumsatz stieg hingegen nur um 0,6% auf 1,446 Mrd. € und macht damit 32,7% des Gesamtumsatzes aus. Das Hauptproblem liegt aber im Detail und bei den Erträgen: Die Umsatzsteigerungen betrafen zum größten Teil Arzneimittel im sogenannten Hochpreissegment, wo im degressiven Spannensystem die Apothekerspanne nur bei 3,8% liegt. Innerhalb von vier Jahren hat sich der Anteil der teuren Medikamente am Umsatz der Apotheken von knapp 40% auf mehr als 45% erhöht.

Für den gesamten Krankenkassenumsatz nahm die Apothekerspanne zwischen 2009 und 2019 damit von 18,56% auf 14,2% deutlich ab. „Schon der Anteil der Personalkosten liegt in den Apotheken aber bei 14 Prozent”, sagte Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer und steirischer Kammerpräsiden, zuletzt bei einer Tagung in Schladming. Oft sei der Politik gar nicht bekannt, welche Leistungen die Apotheken für das Gesundheitswesen erbringen. „Es wird unsere Aufgabe sein, darauf hinzuweisen. Wir werden mit dem Dachverband der Krankenkassen sprechen müssen, weil wir mehr Geld für die Aufrechterhaltung unserer Betriebe benötigen. Wir müssen derzeit aus dem Privatumsatz den Kassenumsatz quersubventionieren. Wir brauchen für unsere Leistungen eine adäquate Bezahlung.”
Man brauche im Gesundheitssystem eine solide Basis und ein tragfähiges Fundament mit starken Säulen, sagte auch die Präsidentin der Apothekerkammer, Ulrike Mursch-Edlmayr. Preisminimierung für Wirkstoffe und Arzneimittel – lokal in Österreich auch durch die Krankenkassen gefordert – und das Streben nach Gewinnmaximierung bei den Herstellern hätten die Situation zuletzt verschärft. Dabei zeigen gerade die Apotheken in der Krise, was sie leisten: „Die Apotheken haben mittlerweile flächendeckend die notwendigen Maßnahmen gesetzt, um den weiteren dauerhaften Betrieb sicherzustellen. Hier liegt der Fokus vor allem auf der Minimierung des Ansteckungsrisikos des Personals. Dazu zählen Schutzvorkehrungen mit Plexiglasscheiben, Zwei-Schicht-Systeme in den Apotheken, Reduktion der Anzahl der Kundinnen und Kunden in den Apothekenräumlichkeiten durch Aushänge oder Einbahnregelungen”, sagt Apothekerverbandspräsident Jürgen Rehak.

Auf und Ab im Großhandel

Hochbetrieb herrscht auch beim Pharmagroßhandel. Er regis­trierte zunächst einen enormen Nachfrageanstieg bei Schmerzmitteln um 228%; Steigerungen gab es in den ersten Tagen der Corona-Maßnahmen auch bei Mitteln gegen chronische Erkrankungen. In der Zwischenzeit hat sich die Nachfrage aber wieder eingependelt. Was bleibt, sind auch hier die niedrigen Spannen: 1992 lagen die Spannen im Großhandel durchgerechnet bei 20%, jetzt sind sie bei unter neun Prozent, berichten Vertreter. Gleichzeitig seien aber die Löhne und Aufwände massiv gestiegen.

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