Hauptverbands-Chefin haut den Hut drauf
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HEALTH ECONOMY Martin Rümmele 21.04.2017

Hauptverbands-Chefin haut den Hut drauf

Ulrike Rabmer-Koller hat überraschend ihren Rücktritt erklärt: Sie habe ihre Pläne nicht umsetzen können.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Sozialversicherung ist eine komplexe Materie; zu groß ist das System und zu viele Akteure spielen mit. Allein im Gesundheitsbereich – zur Sozialversicherung gehören auch die Pensions- und Unfallversicherung – reden Politik, Bundesländer, Ärzte, Pharmabranche, Spitalsbetreiber und viele mehr mit. Die Krankenkassen sind zudem in ihrer Gestaltung autonom, der Hauptverband ein von allen gemeinsam getragenes Dach ohne wirkliche Entscheidungsmöglichkeiten.

„Reformunwillen”

All das hat nun offenbar auch die bisherige Verbandsvorsitzende im Hauptverband, Ulrike Rabmer-Koller, deren Vertrag erst im Jänner für vier weitere Jahre verlängert worden ist, verdrießt: am Donnerstag trat sie überraschend zurück. Nicht ohne allerdings das System und dessen Beharrungsvermögen für ihre Entscheidung verantwortlich zu machen. Rabmer-Koller begründete ihren Rücktritt mit „mangelndem Reformwillen”. Sie habe eine umfangreiche Reformagenda eingefordert, es habe aber der politische Wille zur Umsetzung gefehlt, erklärte sie in einem Pressegespräch. Sie wollte dafür niemanden konkret verantwortlich machen, sondern meinte, dass das gesamte System zu ineffizient sei.

Sie habe versucht, Reformen umzusetzen, das Gesundheitssystem weiterzuentwickeln und die Finanzierung langfristig abzusichern. Fehlender politischer Wille sei aber dafür verantwortlich, dass sie das nicht umsetzen habe können. Angesichts der Neuwahldiskussionen seien auch in den nächsten zwei Jahren sachorientierte Lösungen nicht zu erwarten. Ein Abbau der Ineffizienzen im System und wesentliche Reformen in der Trägerstruktur seien nicht absehbar. Das sei für sie „inakzeptabel”. Da sie als Hauptverbands-Chefin kein Durchgriffsrecht auf die Träger habe, könne sie auch nicht steuernd eingreifen, lautete die Erkenntnis nach etwa eineinhalb Jahren Amtszeit. Sie habe einsehen müssen, dass sie Reformen so nicht umsetzen könne, nannte Rabmer-Koller einen Beweggrund für ihren Rücktritt.

Erfolgreiche Vorgänger

Die Vorsitzende der Trägerkonferenz, WGKK-Obfrau Ingrid Reischl, wies die Kritik umgehend zurück und machte indirekt Rabmer-Koller selbst verantwortlich: „Die Sozialversicherung hat sich gerade in den vergangenen Jahren als treibende Kraft bei der Weiterentwicklung des Gesundheitssystems erwiesen.” Nicht zuletzt seien wesentliche Projekte wie die Kostendämpfung innerhalb der Sozialversicherung sowie der Startschuss zur Gesundheitsreform in Zusammenarbeit mit den Rabmer-Koller-Vorgängern Hans-Jörg Schelling und Peter McDonald (beide ebenfalls ÖVP) gut gelungen.

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