Krankenversicherung steht unter Druck
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HEALTH ECONOMY Redaktion 22.04.2022

Krankenversicherung steht unter Druck

Die Prognosen der sozialen Krankenversicherung sind nicht gerade rosig. Die Kassen sehen sich dennoch auf einem „stabilen Kurs”.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Die sozialen Krankenversicherungen erwarten für heuer ein Defizit von 321,4 Mio. €. Damit fällt die aktuelle Prognose des Dachverbandes für die drei Träger schlechter aus als vor drei Monaten, als man noch von einem Minus von 238,3 Mio. € ausgegangen war. Das ist deshalb ungewöhnlich, weil sie die Prognosen für gewöhnlich von Quartal zu Quartal verbessern. Dafür hat sich das Ergebnis für das vergangene Jahr verbessert: Im November hatte man für 2021 noch mit 217,4 Mio. Defizit gerechnet, jetzt ergibt die vorläufige Erfolgsrechnung ein Minus von 140,6 Mio. €.

Wirtschaftswachstum hilft

Im Vorjahr hat die SVS der Selbstständigen und Bauern nach den vorläufigen Zahlen noch ein Plus von 85,4 Mio. € geschrieben. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) als bei Weitem größter Träger mit minus 99,8 Mio. und die BVAEB der Beamten, Eisenbahner und Bergleute mit minus 126,2 Mio. € verbuchten hingegen ein Defizit. Für heuer erwarten alle drei Träger ein Minus: die ÖGK 121,3 Mio., die BVAEB 157,4 Mio. und die SVS 42,7 Mio. €. Dachverbands-Chef Peter Lehner sah die Sozialversicherung Mitte März deshalb „auf einem stabilen, soliden und sicheren Kurs unterwegs. Die aktuelle Situation spiegelt die erfreuliche und kräftige Erholung der Wirtschaft wider. Die Entwicklungen der Gebarung zeigen unterschiedliche Pandemieeffekte auf”, kommentierte der Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger die Zahlen.

Verluste steigen massiv

Allerdings erwarten die Krankenversicherungsträger auch für die nächsten Jahre weitere Verluste. Diese dürften zwar tendenziell leicht rückläufig ausfallen, laut aktueller Prognose aber doch etwas höher sein als noch im November vorhergesagt. Das Defizit soll von 140,6 Mio. im Vorjahr (November-Prognose 217,4 Mio.) auf 321,4 Mio. heuer (238,3 Mio.) und auf 363,2 Mio. im kommenden Jahr (293,9 Mio.) anwachsen. Dann soll es im Jahr 2024 auf 298,4 Mio. € sinken (235,3 Mio.), im Jahr 2025 auf 281,8 Mio. (238 Mio.) und im Jahr 2026 auf 246,3 Mio. €. Rechnet man das zusammen, droht der Krankenversicherung bis 2026 ein Verlust von 1,652 Mrd. €.

Die Entwicklungen bei den Arztkosten und Arzneimitteln zeigen in den Zahlen von 2021 und 2022 die prognostizierten Nachholeffekte. Im ersten Pandemiejahr wurden Arztbesuche vielfach reduziert; 2021 sind diese und damit die Ausgaben für Ärztliche Hilfe indes um über zehn Prozent angestiegen. Damit haben sich ebenso die Kosten für Arzneimittel um 6,7% erhöht, erläuterte Lehner. Dies kann seiner Einschätzung nach auch mit dem pandemiebedingten Entfallen der Chefarztpflicht erklärt werden.
Auf den neuen Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) wartet also auch abseits der Pandemibekämpfung viel Arbeit. An einer Sanierung der Krankenversicherungen wird er nicht vorbeikommen.

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