Nichtraucher-Debatte: Ärzte polieren Image auf
© Ärztekammer für Wien/Stefan Seelig
KritikerÄrztekammer-Präsident Thomas Szekeres (l.) und Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda machen mobil gegen die Regierungspläne.
HEALTH ECONOMY Martin Rümmele 02.03.2018

Nichtraucher-Debatte: Ärzte polieren Image auf

Das Volksbegehren stärkt die Ärzte. Das könnte ÖVP und FPÖ bei Gesundheitsreformen auf den Kopf fallen.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Politische Beobachter sind sich nicht einig, was ÖVP und FPÖ mit der Aufhebung des Nichtraucherschutzes in der Gastronomie wollten. Das Thema beherrscht die politische Debatte, und die FPÖ kommt zunehmend unter Druck. Wollte die Regierung Gegner einnebeln, um von anderen Reformen abzulenken? Oder wollte die ÖVP die FPÖ schwächen? Oder entgleitet den Strategen das Thema schlicht?

Auch Kurz unter Druck

Klar ist, dass zunehmend nicht nur die FPÖ kommt, sondern auch ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz. Zwei Monate nach dem Start der Regierung, für die er und seine Mitstreiter die gesamte ÖVP auf Linie gebracht haben, bröckeln die Linien: Die Landeshauptleute sprechen sich überwiegend für ein Rauchverbot in der Gastronomie aus. Tirols Landeschef Günther Platter (ÖVP) bekräftigte, dass er für einen „restriktiven Nichtraucherschutz” stehe. „Von daher hätte ich erwartet, dass die bereits beschlossenen Verschärfungen umgesetzt werden”, sagte er.

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) bestärkte ebenfalls seine Einstellung: „Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube, schließlich habe ich mich vor Jahren als einer der Ersten in der ÖVP für ein Rauchverbot in der Gastronomie eingesetzt.” Das Koalitionsabkommen sei aber zu respektieren, sagt er, ebenso wie der schwarze Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer, sein OÖ-Parteifreund Thomas Stelzer und Vorarlbergs Landeschef Markus Wallner (ÖVP). Selbst Kurz betont, dass er mit den Anliegen des Volksbegehrens sympathisiere, aber eben an die Vereinbarung mit der FPÖ gebunden sei. Das klingt nach Durchhalteparolen in der ÖVP.
Das viel größere Problem als die hohe Zahl der Unterschriften ist aber, dass die Regierung einen Gegner wieder groß macht, der zuletzt geschwächt schien: Die Ärztekammer hatte zuletzt in der öffentlichen Wahrnehmung das Image des Bremsers gegen Gesundheitsreformen gewonnen. Zu allem kam ein „Nein”. Jetzt aber poliert man das Image auf, als Kämpfer für Gesundheit der Menschen und Prävention. Das könnte sich für Schwarz-Blau bitter rächen, wenn Reformen im Gesundheitswesen anstehen.

Kritik an fehlenden Reformen

Dazu kommt, dass das Macher-Image von Kurz bröckelt. Die Zurückhaltung lässt Kritik aufkommen. Auf den Punkt brachte es Pharmig-Generalsekretär Jan Oliver Huber: Diese Regierung sei angetreten, Reformen umzusetzen und die Bevölkerung stärker in Entscheidungsprozessen zu beteiligen. Das große Engagement zum Volksbegehren zeigt, dass die Bevölkerung dies begrüßt. „Die hohe Teilnahme ist eine Einladung für die Politik – sie kann hier im Sinne der Gesundheit als auch im Sinne der Bevölkerung agieren.”

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