So gefährdet Preisdruck Arzneimittel-Versorgung
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HEALTH ECONOMY Redaktion 04.04.2025

So gefährdet Preisdruck Arzneimittel-Versorgung

Elgar Schnegg, Österreich-Manager von teva ratiopharm, warnt vor Generikaengpässen. Neue Studie zeigt Hürden.

••• Von Martin Rümmele

WIEN/BRÜSSEL. Um eine stabile Arzneimittelversorgung zu gewährleisten, ist eine diversifizierte Lieferkette mit mehreren Herstellern notwendig. Doch eine aktuelle Analyse von Teva Pharmaceuticals Europe zeigt, dass dies gerade bei lebenswichtigen Medikamenten, etwa in den Bereichen Kardiologie, Onkologie, psychische Gesundheit und Antibiotika, nicht mehr gegeben ist.

Gefahr für Versorgung

Die Studie benennt die Ursachen dieser Entwicklung: Während die Verbraucherpreise europaweit in den vergangenen zehn Jahren um rund 30% stiegen, sanken die Preise für Generika im gleichen Zeitraum um etwa acht Prozent. Gleichzeitig stiegen jedoch die Produktionskosten aufgrund von Inflation, steigenden Energiepreisen und zusätzlichen regulatorischen sowie umweltpolitischen Anforderungen stark an. Die Folge ist, dass immer mehr Hersteller ihre Produktion einstellen oder einzelne Präparate vom Markt nehmen. Das bringt eine zunehmende Marktkonzentration sowie das Verschwinden kritischer Generika vom Markt. Diese Unsicherheit wurde in den vergangenen Jahren durch geopolitische Spannungen, wirtschaftliche Herausforderungen und neue regulatorische Anforderungen verstärkt – mit gravierenden Folgen für die Patientenversorgung.

Elgar Schnegg, Geschäftsführer der teva ratiopharm Arzneimittel VertriebsgmbH (Wien), schlägt Alarm: „Fast die Hälfte aller kritischen Generika wird in Europa bereits von nur einem einzigen Anbieter geliefert. Betrachtet man jene Anbieter, die mehr als 60% Marktanteil haben, kontrollieren wenige Unternehmen sogar rund 83% der kritischen Medikamente.” Die Marktveränderungen gefährden die Versorgungssicherheit deutlich, warnt er im medianet health economy TV-Interview mit Herausgeber Chris Radda.

Teva Pharmaceuticals Industries (Tel Aviv) ist mit rund 37.000 Mitarbeitenden, 60 Produktionsstandorten und etwa 3.600 Produkten in 57 Ländern der weltweit führende Anbieter im Bereich generischer Medikamente. Generika sind preisgünstige Alternativen zu patentgeschützten Originalpräparaten, deren Patentschutz abgelaufen ist. Diese Medikamente stellen das kostengünstige Rückgrat der Arzneimittelversorgung dar. In Europa sind rund zwei Drittel aller verschriebenen Medikamente Generika, in Österreich liegt der Anteil bei etwa 60%. Dabei kostet eine Packung Generika in Österreich durchschnittlich nur etwa 5,60 € und ist somit nicht nur um ein Vielfaches günstiger als neue, patentgeschützte Präparate. Sie wird meist auch von den Patienten komplett selbst bezahlt, wenn der Preis unter Rezeptgebühr von 7,55 € liegt.

Ein Ausfall eines dominierenden Anbieters aufgrund von Produktionsproblemen, Lieferengpässen oder geopolitischen Ereignissen könnte zu massiven Engpässen in der Medikamentenversorgung führen. Alternative Anbieter könnten in der Regel nicht kurzfristig einspringen, da deren Produktionskapazitäten meist begrenzt sind. „Wir müssen jetzt handeln, um eine stabile und verlässliche Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten sicherzustellen. Eine widerstandsfähige Lieferkette und faire wirtschaftliche Rahmenbedingungen sind essenziell – nicht nur für die Unternehmen, sondern vor allem für die Patientinnen und Patienten, die tagtäglich auf diese Medikamente angewiesen sind”, sagt Schnegg.

Forderungen an Politik

teva ratiopharm appelliert an die Politik, dringend gegenzusteuern. Vorgeschlagen werden Maßnahmen zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit, etwa durch flexiblere Preisgestaltung für Generika und die Abkehr von reinen Niedrigstpreis-Ausschreibungen oder der stetig fallenden heimischen Preisbänder für die Erstattung.

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