••• Von Martin Rümmele
WIEN/BERLIN/BERN. Während in Österreich die Bundesländer als Spitalsträger auf mehr Geld drängen und im Arzneimittelbereich mit einem Bewertungsboard für teure Produkte auch Preise vereinheitlicht werden sollen, erwarten in Deutschland Kliniken für dieses Jahr ein „Rekord-Insolvenzjahr”. Hintergrund ist, dass in den vergangenen 20 Jahren zunehmend Krankenhäuser von privaten Trägern übernommen worden sind und der Sektor einem starken Wandel unterworfen war. Gleichzeitig steigen überall demografiebedingt der Bedarf und durch den medizinischen Fortschritt die Kosten.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) rechnet mit 80 Insolvenzen in diesem Jahr, dazu kommen etwa 100 Verfahren, die noch aus dem Vorjahr laufen. Jetzt wollen auch die Krankenkassen ihre laufenden Zahlungen kürzen, weil die Bundesagentur für Arbeit ja Insolvenzgeld an die Beschäftigten der Spitäler auszahle und diese somit geringere Kosten hätten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant nun eine große Krankenhausreform, die Fallpauschalen zu senken und setzt auf Großkliniken. Kritiker warnen, dass die Reform das Kliniksterben nicht aufhalten wird. Die Stiftung Patientenschutz wirft Lauterbach Praxisferne vor – es sei eine „Reform am Reißbrett und mit dem Rechenschieber”. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft kritisiert, dass ein Inflationsausgleich für Krankenhäuser im Entwurf fehle. Lauterbach will teilweise weg von Fallpauschalen und dem ökonomischen Druck, immer mehr Patienten behandeln zu müssen. Künftig sollen auch Vorhaltekosten finanziert werden. Das Fallpauschalen-System ähnelt dem LKF-System in Österreich.
Tarifdebatte in der Schweiz
Auch in der Schweiz sind die Spitäler unter Druck. Krankenhausmanager warnten dort zuletzt in einem Interview mit der Sonntagszeitung, dass bald mit Insolvenzen von Zentrumsspitälern gerechnet werde müsse. Auch hier – stagnierende Tarife, höhere Kosten (insbesondere Lohnkosten) und stetig höhere Anforderungen der Patienten; auch hier fordern Fachleute eine Erhöhung der Kassentarife für Behandlungen.