Im Takt der neuen Zeiten
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LUXURY BRANDS&RETAIL britta biron 17.11.2023

Im Takt der neuen Zeiten

Eine neue Deloitte-Analyse zeigt die Trends und Top-Themen für die Schweizer Uhrenindustrie.

Biel. Die Exportstatistik des Verbandes der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) weist für die ersten drei Quartale dieses Jahres einen Umsatz von 19,69 Mrd. CHF aus, das entspricht einem Plus von 8,6% gegenüber der Vorjahresperiode und liegt um mehr als 22% über dem Ergebnis von 2021.

Von den Top 10-Exportmärkten liegt mittlerweile nur noch China, Nr. 2 im Ranking, hinter dem Niveau von 2021 zurück (–5,8%). Allerdings hat sich die Erholung zuletzt wieder etwas eingebremst, und in den Chefetagen der Schweizer Uhrenmarken ist man geteilter Meinung darüber, wie sich die Geschäfte im Reich der Mitte weiterentwickeln. Die Hälfte rechnet – so das Ergebnis einer aktuellen Branchenstudie der Unternehmensberatung Deloitte – mit Wachstum, ein Drittel mit Stagnation, und 17% gehen von einem Rückgang aus.
Recht ähnlich fallen auch die Erwartungen hinsichtlich der Entwicklung auf globaler Ebene für die nächsten zwölf Monate aus; 50% der Befragten rechnen mit mehr, ein Viertel mit weniger Umsatz. Dabei zeigt sich, dass im Vergleich zum Vorjahr der Optimismus etwas nachgelassen hat. Als Grund dafür nannten die Befragten vor allem die geopolitische Unsicherheit (84%) sowie die hohe Inflation und (69%).

Neuer Hoffnungsmarkt

Einig ist man sich aber, dass Indien das größte Potenzial bietet. Aktuell liegt der Subkontinent mit 134 Mio. CHF (+18,5% vs. 2022) im Umsatzranking auf Platz 22, knapp vor Österreich (146.3 Mio. CHF, +9,4% vs. 2022). 76% der befragten Manager erwarten, dass der starke Aufwärtstrend anhalten wird, und Deloittes Konsumentenbefragung bestätigt das.
„Wir gehen davon aus, dass der Exportumsatz von Schweizer Uhren in Indien bis 2028 über 400 Mio. Schweizer Franken erreichen und Indien innerhalb eines Jahrzehnts zu den Top Ten Exportmärkte gehören wird”, prognostiziert Karine Szegedi, Head of Consumer and Fashion & Luxury bei Deloitte Schweiz.
Der Report zeigt auch, mit welchen Strategien die Uhrenmarken sowohl in Indien als auch weltweit reüssieren wollen. Top-Priorität hat die Einführung neuer Modelle (73%), vor allem für Marken im Preissegment unter 5.000 CHF. Je kostspieliger eine Marke, desto stärker rückt der Ausbau der Produktionskapazitäten in den Fokus – in Zeiten des Fachkräftemangels allerdings nicht leicht zu realisieren. Zwar ist heuer – so die Statistik des Arbeitgeberverbands der Schweizer Uhrenhersteller – die Zahl der Lehrlinge wieder gestiegen (411 vs. durchschnittlich 370 in den Jahren davor), aber bis 2026 werden knapp 4.000 zusätzliche Mitarbeiter gebraucht.

Grüne Zukunft

Ganz oben auf der Liste der Erfolgsfaktoren steht die Stärkung des Vertriebs sowohl on- als auch offline. Auch Nachhaltigkeit rückt stärker in den Fokus, nicht zuletzt wegen strengerer gesetzlicher Vorschriften. Bei drei Viertel der Uhrenhersteller ist Nachhaltigkeit bereits Teil der Unternehmensstrategie, und man investiert etwa in Kreislaufwirtschaft oder Governance-Strukturen. Nach Meinung der befragten Führungskräfte werden zertifiziertes ethisches Gold (86%), Recyclingmaterialien (76%) und Lederalternativen (74%) in den nächsten fünf Jahren eine wichtige bzw. sehr wichtige Rolle spielen.
Was in Sachen Nachhaltig möglich ist, zeigt die junge Uhrenmarke ID Geneve. Der Edelstahl für die Uhrengehäuse kommt von einem Recyclingbetrieb im Jura, der Stahlabfälle aus der Schweizer Uhren- und Medizinbranche wiederaufbereitet – zu 100% mit sauberer Solarenergie. Die ETA 2824-Werke stammen aus Überproduktionen, das Material für die Uhrenarmbänder basiert auf Traubenabfällen aus der italienischen Weinindustrie und Grünschnitt aus Londoner Parks, die Verpackungen werden aus Pilzen und Meeresalgen gefertigt.
Seit Kurzem verkauft das Start-up seine „Öko”-Uhren nicht nur im eigenen Onlinestore, sondern auch über Watches of Switzerland in Großbritannien und den USA. Bei Investoren kommt das Konzept ebenfalls sehr gut an: Kürzlich hat ID Geneve in einer Seed-Runde weitere zwei Mio. € erhalten – prominentester Geldgeber ist Leonardo di Caprio.

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