In seine Rolle gewachsen
© Natuzzi Italia
LUXURY BRANDS&RETAIL Barbara Jahn 14.07.2023

In seine Rolle gewachsen

Mehr Holz, weniger Kunststoff. In der Möbelindustrie findet eine materielle Revolution statt.

Marcon/Serravalle Sesia/Aichi/Santeramo di Colle/Bystřice pod Hostýnem/Cantù. Es ist ganz offensichtlich, dass der Trend zu Holz, der seit einigen Jahren besonders im Zuge der Nachhaltigkeitsdebatte an Boden gewonnen hat, ungebrochen stark ist. Und die Tendenz ist weiter steigend. Ein deutliches Zeichen dafür ist unter anderem, dass selbst Möbelhersteller, die sich über Jahrzehnte ausschließlich als Produzent von Spritzguss-Produkten einen Namen gemacht haben, umsatteln und immer mehr – ob in Teilbereichen oder insgesamt – auf Nachwachsendes setzen.

Aufbruchsstimmung

Die Nase vorne haben natürlich Unternehmen, die ihrer Leidenschaft zu Holz stets treu geblieben sind. Lange Zeit zu Unrecht als „Öko-Freaks” belächelt, hielten sie an ihrer Tradition fest, ebenso wie an ihrer Methode, Möbel klassisch nachhaltig und im Einklang mit der Natur herzustellen. So biegt beispielsweise Ton auch heute noch seine Elemente in metallenen Schablonen über Wasserdampf wie zu Zeiten Michael Thonets und fertigt so auch die zeitgenössischen Entwürfe. Auch Produzent Riva 1920 lässt nicht davon ab, aus Überzeugung Möbel aus Holz zu produzieren, oft auch ein bisschen mit Augenzwinkern entworfen oder gemacht aus jahrtausendealtem Kauri-Holz, das von allen, die damit in Berührung kommen, mit Ehrfurcht und Respekt behandelt wird. Langlebigkeit ist eben Teil von Nachhaltigkeit.

Außergewöhnlich

Holz und Tradition haben schon immer zusammengehört. Deutlich zeigt sich das in der fernöstlichen Architektur- und Designszene, wo Fasriges immer schon dem Polymeren vorgezogen wurde. Und diese Tradition ist bis heute ungebrochen. So zeigt Karimoku Furniture etwa einen Entwurf von Zaha Hadid Design als eine der jüngsten Kreationen des Kreativstudios: ein Stuhl namens Seyun, der dem bekanntlich formal herausfordernden Stil des Architektur- und Designbüros gerecht wird. Rechter Winkel? Fehlanzeige. Hergestellt aus Eichenholz, das aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern stammt und in sechs verschiedenen Varianten angeboten wird, sind es die Varianten in reiner oder geräucherter Eiche sowie mit mattschwarzer Maserung – übrigens das Markenzeichen von Karimoku Furniture – sowie Eiche mit Metallic-Finish in Silber, Blau und Schwarz, wiederum ganz Zaha Hadid Design.

Alleskönner

Dem Wundermaterial Kunststoff steht Holz schon bald um nichts mehr nach. Die Technologien erlauben es bereits, dass Holz in nahezu jede gewünschte Form gebracht werden kann. So kommen immer mehr Möbelproduzenten, die sich bei Kunststoff stets gut aufgehoben fühlten, auf den Geschmack, es auch einmal mit Holz zu probieren. Magis etwa war dem Polypropylen niemals abgeneigt, wagt sich jedoch immer öfter über Hölzernes, sodass nicht nur die Beine, sondern ganze Stühle daraus gefertigt sind. Ein alter Bekannter ist da schon Foscarini, der bereits Holz bei den Leuchten Troag und Twiggy eingesetzt. Möbel, Raumausstattung, Licht – was kann noch überraschen? Eine Armatur aus Bambus, wie Gessi während der Mailänder Designweek präsentiert hat. Sicher ist: Auch bei viel Wasser wächst dieser zum Glück nicht mehr.

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