Wien. Vivienne Westwood, die vor allem in den letzten 20 Jahren ihres Schaffens den Klimaschutz auf den Laufsteg holte, begleitete Gregor Pirouzi, Absolvent der Modeklasse des MAK, beruflich über viele Jahre. „Mit ihrem ‚Buy Less, Choose Well' bin ich aufgewachsen – früher habe ich nicht verstanden, was sie gemeint hat, mittlerweile weiß ich es”, lächelt Pirouzi beim Interview. Er hat es nicht nur verstanden, er hebt Nachhaltigkeit in der Luxusmode mit seinem neuen Projekt auf ein neues Level.
Mit „Galaxies and Creatives” hat er ein völlig neues Geschäftsmodell in der Modewelt entworfen, das in allen Belangen ökologische Verträglichkeit und soziale Gerechtigkeit berücksichtigt und auf den Prinzipien transparenter Kreislaufwirtschaft basiert. Nun sichtbares Ergebnis dieses neuen Geschäftsprinzips – Pirouzi nennt es das Fair-Share-Modell – ist die in Kürze erhältliche, aus sechs Unisex-Styles bestehende Skimode-Kollektion, die in einer Kooperation mit den bekannten Designern Arthur Arbesser, Schella Kann, Wendy Jim, Klaus Mühlbauer, Roshi Porkar und Pam Hogg sowie Studierenden der Modeschule Herbststraße entstanden sind.
Die Modelle wurden komplett aus Bestandsmaterialien – also Reststoffe großer Textilunternehmen – gefertigt. Die Studierenden sind laut Pirouzi „vom Entwurf weg bis zum fertigen Produkt und dem Fotoshooting den ganzen Prozess mitgegangen”.
Made-to-Order
Die sechs Modelle sollen die beiden Nutzungsbereiche von Skimode erfüllen – funktional und stylish sowohl auf der Piste als auch beim Après-Ski.
„Kreativ gesehen, fand ich Skimode einfach spannend, da kann man ein bisschen mehr spielen. Die Leute sind dann oft bunter angezogen als auf der Straße, man sieht mehr Patchwork. Und es war auch spannend, namhafte Designer, die noch nie Skimode gemacht haben, zu involvieren.”
Die Studierenden entwarfen die Schnitte und nähten die Prototypen auf Basis der Vorschläge und Inspirationen der Fashionprofis. Die weitere Produktion nach dem Made-to-Order-Prinzip wird an einen der letzten heimischen Hersteller, Vogl Konfektion in der Steiermark, und an weitere europäische Produzenten ausgelagert. Vogl leitete die Studierenden auch in Sachen Skimodenproduktion an. Zwischenhändler gibt es keine – die Logistik und den Versand zu den Endkunden übernehmen die Produktionsbetriebe.
„Der Produzent bekommt im Fair Share-Modell anteilig zum Produkt eine viel höhere Marge als branchenüblich, in unserem Fall 40 Prozent. 20 Prozent gehen ins Design, weitere 40 Prozent in die Vermarktung.” Pirouzi erklärt das Modell mit seinem Wunsch nach Wertschätzung für die Produktionsbetriebe.
Im Zuge dieser Zusammenarbeit wurde deutlich, dass die größte Herausforderung einer nachhaltigen Kollektion im Mangel an Fachkräften liegt: „Als ich mit den Produktionsstätten geredet habe, haben die wiederum gesagt, sie haben nicht nur das Problem, dass sie gerne mehr Wertschätzung hätten, sondern dass sie auch die Fachkräfte nicht mehr haben. Das ist noch viel schlimmer.”
Kreislaufwirtschaft
Preislich werden die Unisex-Modelle zwischen 700 und 1.200 € liegen, also nicht für alle leistbar sein. Die Preisgestaltung erfolgte pragmatisch, „kalkuliert auf Basis der Leistung und nicht auf Basis einer Marketingblase”. Pirouzi, der Galaxies & Creatives als Kunstprojekt mit ernstem Hintergrund und nicht als rein kommerziell verstanden wissen will, möchte alle in der Lieferkette fair entlohnen, denn nur so ist eine Zukunft für die gesamte Branche gegeben: „Wenn wir jetzt nichts unternehmen, dann wird es in Mitteleuropa keine Produzenten mehr geben. Es wird einfach keine Möglichkeiten mehr geben, die Kreativindustrie zu unterstützen. Förderungen gehen alle raus für kreative Ideen, aber wie soll man kreativ sein, wenn man nicht produzieren kann?”, bringt er es auf den Punkt.
Gerade im Luxusbereich ist hochqualitative Produktion das A und O, und ohne Nachhaltigkeit geht es gar nicht mehr, meint Pirouzi: „In der Branche muss man im Luxussegment das Thema Nachhaltigkeit mit anbieten, weil alles andere macht keinen Sinn mehr für die Zukunft – international sogar noch stärker als hier: Kunden wollen sehen, was an Nachhaltigkeitskonzepten geliefert wird, sogar im Großhandel mittlerweile. Selfridges und viele andere große Department-Stores schauen sich erst mal an, wie nachhaltig ein Produkt ist, bevor sie es einlisten”, erzählt der langjährige Branchenkenner.
Zukunftskonzept
Ist Regionalität also der neue Luxus? Ja und nein, meint Pirouzi. Es ist inzwischen zwar rein aufgrund der immer geringer werdenden Möglichkeiten luxuriös geworden, regional zu produzieren – aber gleichzeitig auch eine Lebenserhaltungsmaßnahme für die gesamte Modebranche: Hierzulande und in Europa gibt es derzeit im Mode- und Kreativbereich viele spannende Ansätze in Sachen Nachhaltigkeit, aber es hapert an der Umsetzung.
Pirouzi ist sich sicher: „Wenn man in irgendeiner Form noch die europäischen Standorte sichern will und ein System schafft, wo man wieder selbst produktiv sein kann, dann hat das eine Zukunft. Aber wenn man nicht produzieren kann, bringt die ganze Entwicklung nichts.”