"Anpassungsdruck hat zugenommen"
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Ronald Hochmayer.
MARKETING & MEDIA Redaktion 27.05.2022

"Anpassungsdruck hat zugenommen"

Ronald Hochmayer, Managing Partner Mediaplus Austria, im Talk über Dinge wie die Innovationsgeschwindigkeit als Challenge für Unternehmen.

WIEN. Wirtschaft, Markt und Konsumentenverhalten ändern sich in immer dramatischerer Geschwindigkeit. Verlierer sind 87% der Unternehmen, die sich auf die neuen Gegebenheiten nicht in Echtzeit anpassen konnten. Auf der Marken-Road­show präsentieren die Serviceplan Group, die GfK und der Markenverband Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen rund um das Speed-Management – der vierten Dimension des Erfolgs. Anlässlich des Events bat medianet Ronald Hochmayer, Managing Partner Serviceplan Group, zum Interview.

medianet: Kürzlich fand die Roadshow 2022 nun auch in Wien statt. In der Einladung hieß es: Die drei klassischen Treiber des Marketings – Produktpolitik, Vertrieb und Kommunikation – brauchen für eine erfolgreiche Markenführung eine vierte Dimension, das Speed-Management. Warum kann man dadurch rascher und gezielter auf die rasant gestiegenen Veränderungen reagieren?
Ronald Hochmayer: Eine der großen Herausforderungen unserer Zeit ist, dass Prognosen und Annahmen über die Zukunft nichts mehr wert sind. Zentralbanken und Wirtschaftsinstitute korrigieren ihre Einschätzungen der wirtschaftlichen Lage im Monatsrhythmus. Unternehmerische Planszenarien werden immer häufiger verworfen und neu an die veränderten Markt- und Konsumgegebenheiten angepasst. Wir leben in einem exponentiellen Zeitalter, wo man auf langfristige Zukunftsprognosen nichts mehr geben sollte. Wichtiger ist, die Gegenwart und die unmittelbaren Veränderungsprozesse und Dynamiken zu beherrschen. Speed-Management in Echtzeit, wenn man so will.

medianet:
Welche Rolle spielt Speed-Management für die Mediaplanung?
Hochmayer: Das alte Zwei-Schritte-Muster, vor der Kampagne die Planung und nach der Kampagne die Optimierung, wird bald der Vergangenheit angehören. Mediaorchestrierung und -optimierung in Echtzeit über alle Kampagnenkanäle hinweg ist das erklärte Ziel. Die Anzahl tagesaktueller Daten, ob Kaufverhalten, Produktinteresse oder Kreationsakzeptanz, steigt und kann helfen, den Mediaeinsatz im Zusammenspiel mit einer automatisierten Aussteuerung laufend zu verbessern.

medianet:
Generell gefragt – welchen Herausforderungen müssen sich Marketingentscheider aktuell stellen? Wie sollen sie darauf reagieren?
Hochmayer: Im Augenblick ist es schwierig genug, die Gegenwart einzuordnen und zu interpretieren. Wie die Welt in zehn Jahren aussehen wird, sollte man Denkern wie Richard David Precht überlassen. Es ist schon herausfordernd, zu verstehen, wie neue Einkaufsrealitäten, Lebens- und Arbeitswelten und Wertemuster ausgestaltet sind und in welcher Form man darauf reagieren soll. Mittlerweile fallen 30 Prozent aller Kaufentscheidungen am gleichen Tag, und diesem Entscheidungsprozessen zielgerichtet mit Kommunikation zu begegnen, ist schon eine große Aufgabe für Marketingentscheider.

medianet: Eine Kritik an den Entscheidern lautet, dass sie zu langsam reagieren würden. Welchen Vorteil haben jene, die das geforderte Tempo aufnehmen können und entsprechend reagieren?
Hochmayer: Die Innovationsgeschwindigkeit und der Anpassungsdruck an Unternehmen haben zugenommen. Laut GfK war der Umsatzanteil an neuen Produkten noch nie so hoch. Das hat auch viel mit dem veränderten Konsumentenverhalten, schwindender Markenbindung und neuen Einkaufsmustern zu tun. Vor allem aber vertrauen erfolgreiche Marken auf eine hybride Markenführung. Dabei ist Geschwindigkeit ein zentraler Bestandteil. Preisgestaltung, User Experiences oder Mediamanagement – alles wird in Echtzeit verändert und angepasst, das ist ein Schlüssel zum Erfolg.

medianet:
Das große Über­thema an sich, egal für welche Disziplin, lautet ‚Daten' – umgekehrt gefragt: Welche Folgen drohen, wenn man hier nicht das Tempo bei der Entwicklung halten kann?
Hochmayer: Ohne Daten keine Datenintelligenz. Und dumm erfolgreich sein, gelingt nur den wenigsten …

medianet:
‚Wir stehen am Rande einer Realtime-Data-Revolution', meinte kürzlich The Economist. Kann man hier nicht sogar eher von einer Evolution, einer ständigen Weiterentwicklung sprechen, wo nur das Tempo immer schneller wird?
Hochmayer: Es ist mehr als das. In dem angesprochenen Artikel des Economist wird die Allgegenwärtigkeit von Sofortdaten für Wirtschaft und Politik aufgezeigt. Sensoren und digitale Geräte erheben mittlerweile umfassend Zahlungsströme, Einkaufsdaten, Präferenzen, Ortsangaben usw. Die Welt steht vor einem Wandel, weil sich die Aktualität und Qualität der Informationen exponentiell verändert hat. Das beinhaltet das Versprechen einer besseren Entscheidungsfindung, aber birgt auch die reale Gefahr, dass Regierungen und Unternehmen ihre Macht missbrauchen. Und das sollte man vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse sehr ernst nehmen.

medianet:
Frage zum Schluss – KI hat auch in die Marketing-welt längst Einzug gehalten. Wird sie aus Ihrer Sicht künftig nicht überhaupt eine dominierende Rolle spielen?Hochmayer: Die perfekte Abschlussfrage! Denn wie sollen riesige Datenmengen in Echtzeit verarbeitet werden, wenn nicht mithilfe Künstlicher Intelligenz? Die Auswertung, Muster­erkennung und automatisierte Aussteuerung von Marketingkampagnen kann nur mit Unterstützung von intelligenter Technologie erfolgen. Und wer bei Künstlicher Intelligenz nicht an Killerroboter, sondern Empfehlungs-KIs, Bidding-Technologien oder digitale Sprachassistenten denkt, wird überzeugt davon sein, dass es keine Zukunft im Marketing ohne Künstliche Intelligenz geben wird. (mab)

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