Bedrohliche Fleißaufgaben
MARKETING & MEDIA Redaktion 07.05.2021

Bedrohliche Fleißaufgaben

Bleibt ein aktuelles Gesetz so stehen, könnte das Aus für etliche heimische Marken kommen.

Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli

ZU VIEL. Stellen Sie sich vor, Ihr Kind kommt mit einer Mathematik-Hausübung von der Schule nach Hause und statt ihm dabei zu helfen, diese zu lösen, geben Sie ihm noch ein paar möglichst komplizierte Rechenaufgaben dazu, die seinem Alter noch gar nicht entsprechen. Die Folge: Es passiert, was unweigerlich passieren muss – Ihr Kind scheitert an der Aufgabe.

Ähnlich geht es derzeit der österreichischen Lebensmittelindustrie. Denn im Zuge der Umsetzung der sogenannten Audiovisuellen Medien­diensterichtlinie, welche die EU-weite Koordinierung der nationalen Gesetzgebung bezüglich aller audiovisueller Medien regelt, möchte der österreichische Gesetzgeber etwa bei der Frage, für welche Lebensmittel geworben werden darf, für Österreich deutlich strengere Regeln als eigentlich in dieser Richt­linie vorgesehen einführen.

Definieren, wofür Werbung gemacht werden darf und wofür nicht, soll die österreichische Erfindung einer sogenannten Nährwerttabelle. Das Problem: Wendet man deren Obergrenzen an, wäre künftig sogar Milch-Werbung verboten, weil manche Inhaltsstoffe die Grenzwerte übersteigen.

Schaden ohne Nutzen

Viel schlimmer ist aber, dass vor allem heimische Marken vom Werbeverbot betroffen wären, wenn sie sich an diese Gesetze halten. Und: Was ist die Alternative: Wenn die Branche ihre Keksschnitten und Fischstäbchen nicht mehr in heimischen Medien bewerben darf, wird sie wohl oder übel auf Facebook & Co ausweichen müssen, was doppelt schlimm wäre, denn zusätzlich würden damit heimischen Medien geschätzt über 200 Millionen Euro an Werbegeldern entgehen.

Um es klar festzuhalten: Auch ich bin für Werbebeschränkungen, wo sie Sinn machen, und auch für klarere Kennzeichnungen für Inhaltsstoffe bei Lebensmitteln, etwa eine Ampel – da gibt es tatsächlich ein Manko; aber dieser Gesetzesvorschlag würde am Ende nur der heimischen Wirtschaft schaden, ohne den Konsumenten zu nützen oder sie gar zu schützen.

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