Bitte entschlumpft euch wieder!
MARKETING & MEDIA Redaktion 19.01.2024

Bitte entschlumpft euch wieder!

Wenn die Satire die Realität ungenügend abbildet, ist oft nur die Karikatur die Lösung – noch.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

DIFFIZIL. Freitagabends heißt es in ORF 1: „Sie werden lachen, es wird ernst.” Satire-Reporter Peter Klien präsentiert in „Gute Nacht Österreich” die politischen Höhepunkte der Woche. Zuletzt: Ex-Kanzler Gusenbauers erschütternde Zitate zu dessen Signa-Schaffen. Wenn einem die Worte fehlen, springt die Karikatur ein. Doch die ist gefährlich. Vor ziemlich genau einem Jahr drohte der Iran nach der Veröffentlichung von Karikaturen seines Staatsoberhaupts und Religionsführers („beleidigend”) mit Konsequenzen. Charlie Hebdo hatte eine Sonderausgabe zum Jahrestag des Anschlags auf ihr Pariser Büro 2015 veröffentlicht. Der „Karikaturenpreis der deutschen Zeitungen” ging einige Zeit später an eine Putin-Karikatur; sie zeigt – „Putin privat” – den russischen Präsidenten in einem Bademantel durch den Kreml schreitend, mit Sprechblase „Igor, richten Sie mir ein Blutbad an” (erschienen in der FAZ). Der Kreml war not amused. Der britische Guardian wiederum hat sich von seinem langjährigen Karikaturisten getrennt. Der hatte eine Zeichnung des israelischen Präsidenten ­Netanjahu eingereicht, mit entblößtem Bauch und Skalpell in der Hand („Antisemitismus”).

Troubles rund um die bildliche Satire gibt es immer öfter, wiewohl das Problem nicht neu ist: 1830 etwa führte die Darstellung des französischen Königs Louis-Philippe als „Birne” (das bezog sich auf dessen Physiognomie) für den Zeichner zu einem Strafprozess.

Was also darf Satire? Christoph Bezemek von der Uni Graz beantwortete es bei einem Symposium zum Thema folgendermaßen: Die echte Satire dürfe alles (Tucholsky) – „aber sie muss nicht alles wollen”. Elegant umschifft. Was aber soll sie dürfen? Religion nein, Politik ja? Sikhs mit Turban schon, Juden mit großen Nasen nicht? Gargamel, Antagonist der Schlümpfe, erinnert durchaus, wie schon öfter diskutiert wurde, an eine wild antisemitische Karikatur. Und was ist mit Schlumpfinchen, blond, Minirock, High Heels? Sexismus?„#Entschlumpft euch!”, forderte die deutsche Schriftstellerin Nina George in diesem Kontext. Und das ist auch eine Antwort.

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