Content-Exzellenz: Kann KI gute Geschichten erzählen?
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Barbara Rauchwarter, Stefanie Kurzweil, Alexander Oswald, Ena Wegner, Ingrid Gogl, Nicola Dietrich
MARKETING & MEDIA Redaktion 06.07.2023

Content-Exzellenz: Kann KI gute Geschichten erzählen?

All-female Panel diskutiert beim Netzwerkabend der Österreichischen Marketing-Gesellschaft, was guten Content ausmacht und wie man KI hierfür einsetzt.

WIEN. Künstliche Intelligenz ist in aller Munde und damit auch die Frage, wie sich Jobs und das Marketing zukünftig verändern werden. Dabei wird eine Berufsgruppe besonders häufig in Zukunftsspekulationen genannt: Content-Marketer. Im letzten Networking-Event vor der Sommerpause fragte die ÖMG (Österreichische Marketing-Gesellschaft) in Kooperation mit der COPE (Content Performance Group) und APA (Austria Presse Agentur) bei Content-Expertinnen nach, wie sich ihre Arbeit durch ChatGPT und Co. verändert hat, was exzellenten Content ausmacht und inwiefern KI schon heute die Produktion von Inhalten übernehmen kann und sollte.

Am Mittwoch eröffnete Nicola Dietrich, Chief Strategy Officer bei COPE, das Netzwerkevent mit einer Keynote und analysierte, welche Kriterien gute Geschichten erfüllen müssen. Laut der Expertin bedarf es jedenfalls des Handwerks im Geschichtenerzählen und auch einer großen Portion Kreativität. Aber woran lässt sich Handwerk und Kreativität in exzellenten Geschichten festmachen? “Storytelling muss technisch sauber gemacht werden. Dafür gibt es Methoden, die wir lernen können, genauso wie wir Formate oder Strukturen erlernen können. Kreativität lässt sich wiederum nicht so einfach festmachen. Aber es gibt Merkmale für kreative Kampagnen: Sie sind klar und einfach strukturiert, enthalten unerwartete Elemente, sind glaubwürdig, konkret und eben auf einer Storyline aufgebaut. Eine gute Geschichte weist also kreative Merkmale auf, die auf Logik, Erfahrung und Assoziationsvermögen basieren.” Im Marketing sind kreative Kampagnen besonders wichtig. Braucht es dafür noch uns Menschen oder kann KI bereits kreative Geschichten erzählen?
Mensch oder Maschine: Wer ist kreativer?

Darüber diskutierten fünf Expertinnen unterschiedlicher Content-Disziplinen in einer Paneldiskussion, darunter Eröffnungsrednerin Nicola Dietrich, Ingrid Gogl, Vice President Marketing & Communications bei Yuney Traffic, Stefanie Kurzweil, Head of Marketing und PR bei abo drive, Barbara Rauchwarter, ÖMG-Präsidentin und CMO APA-Gruppe und Ena Wegner, Head of LOOKAUT bei der WKO. In der Content-Kreation wird KI oft das Fehlen von Kreativität vorgeworfen. Kritiker behaupten, nur ein Mensch könne ausgefallene Ideen haben. Aber stimmt das? Hier ist sich das Podium uneinig. “Die Logik und Struktur von Geschichten kann die KI bereits. Assoziationen schaffen kann die Maschine auch, aber wenn es darum geht, Emotionen bei der Zielgruppe zu wecken, dann hat der Mensch noch die Nase vorne”, so Dietrich. Ena Wegner sieht das anders: „Es kommt auf die Art des Storytellings an. Geht es um analoges oder digitales Geschichtenerzählen? Denn gerade beim digitalen Storytelling, bei dem Algorithmen eine große Rolle spielen, gibt es Checklisten und Kriterien, mit denen sich gute Geschichten auch durch Maschinen konstruieren lassen.“

APA-Chefin Barbara Rauchwarter sieht auch einen Unterschied zwischen Kreation und Produktion, sowie zwischen B2B und B2C-Kommunikation: „Gerade im B2B-Bereich, wo es viel um die Versionierung von Inhalten geht - und sich die Keymessage des Unternehmens nicht verändert - kann KI schon viel. Die meisten Unternehmen sind auch noch nicht so weit, um KI-Tools effektiv in der Kreation einzusetzen, sehr wohl aber in der Produktion von ähnlichen Inhalten.“ Ingrid Gogl erwidert darauf: „Können ja, aber sollen? Schließlich bekommen wir durch Versionierung auch nur more of the same, die gleichen Themen und Formate. Das ist im Marketing langweilig. Gerade da, wo der Mensch und seine Kreativität eingebunden werden, bekommen wir die disruptiven, exzellenten Ideen.“ Ena Wegner schreibt Maschinen sehr wohl mehr Potenzial zu: „Wir sehen in Videos immer wieder kreative Ansätze, die wir aber nicht als kreativ einstufen wollen. Es ist unsere eigene Eitelkeit, denn bislang waren es ja nur wir Menschen, die kreativ sein konnten.“

Wo ist KI bereits sinnvoll einsetzbar ist
Ob kreativ oder nicht, angewendet wird KI bereits in unterschiedlicher Art und Weise. „Meine Hoffnung ist, dass KI den Gebrauchscontent, den Unternehmen immer wieder benötigen, produziert und wir mehr Zeit für die kreativen Aspekte im Marketing haben“, erläutert Rauchwarter. Und hier ergeben sich bereits viele Anwendungsmöglichkeiten. “Beispielsweise das Transkribieren von Videos oder das Übersetzen von Interviews. Das dauerte manuell immer mehrere Stunden, die KI schafft es in wenigen Minuten. Ein weiterer super Anwendungsfall: Videos, deren Tonqualität nicht gut ist, neue Stimmen zu geben“, so Wegner. Ingrid Gogl führt fort: „Ich benutze KI für Texte, die nicht für den Menschen, sondern für die Maschine geschrieben werden, wie SEO-Texte. Aber auch um mich zu strukturieren, Agenden zu brainstormen und ganz generell als Sparring-Partner.“

Auch für das Kürzen oder Gendern von Texten, Entfernen von Hintergründen in Bildern oder für das Erstellen von Mock-Ups kommen ChatGPT und andere Programme heute schon effizient zum Einsatz. „Mein persönliches Highlight war, KI für ein Skript für eine Imagevideo im Stil eines Künstlers zu schreiben zu lassen. Der Ablauf war zwar nicht perfekt, aber ein wirklich guter Input, den ich weiterverwenden konnte“, so Stefanie Kurzweil. Einig ist sich das Podium darin, dass sie die Ergebnisse noch nicht 1:1 übernehmen wollen. Gründe dafür sind variierende Qualität, der eigene Stolz, aber auch die stereotypischen Ergebnisse, die KI manchmal ausgibt. Letzteres wirft auch Fragen zur Brandsafety und Ethik auf. Doch wer kontrolliert das zukünftig? Laut ExpertInnen werden das Unternehmen und die Menschen sein, die ihre eigenen KI-Guidelines – neben den Initiativen der EU - entwickeln und öffentlich deklarieren, wo und wie sie KI einsetzen. Auch die APA hat für sich eine KI-Richtlinie definiert.

Wie sieht die Zukunft des Content-Creator-Berufs aus?
Die Vergangenheit habe eindrucksvoll gezeigt, so Moderator Alexander Oswald, Präsident der Österreichischen Marketing-Gesellschaft, dass sich Berufe stets weiterentwickeln. Das wird laut dem Panel in den nächsten Jahren auch bei Content-Marketern der Fall sein. So wird der Umgang mit und die Steuerung von KI eine immer größere Rolle spielen. Aber ein paar Dinge werden sich auch nicht verändern. “In allen Marketingjobs werden wir nach wie vor die Fähigkeit brauchen, zu erkennen, was eine gute Geschichte ist und wie wir sie konstruieren”, so Rauchwarter. Das kann man nicht immer erlernen. “Technisch vielleicht schon, aber Content-Marketer werden immer ein Gefühl für Kommunikation und Geschichten brauchen. Das hat man oder hat man nicht”, sagt Kurzweil. Gogl ergänzt: „Ohne eine gute theoretische Basis, wie Kommunikationspsychologie, wird es nicht gehen.“ Nicht nur die Technologie, sondern auch die Menschen entwickeln sich weiter. “Der Konsum von Inhalten fängt mit Social Media viel früher an. Wir lernen mit jungen Jahren, worauf es beim Geschichten erzählen ankommt, was wir spannend und weniger spannend finden. Dadurch werden sich die zukünftigen Generationen auch leichter tun, exzellente Geschichten zu erzählen. Gleichzeitig wird ein Verständnis für Video-Storytelling immer gefragter werden”, schließt Wegner ab. Auch Neugierde sei eine Fähigkeit, die man zukünftig mitbringen muss. KI ist vielleicht schneller darin, bestehende Entwicklungen zu analysieren und auszuwerten, was Zielgruppen jetzt wollen. Gute KommunikatorInnen hingegen sagen Zielgruppen, was sie zukünftig wollen werden. Und das kann KI noch nicht.

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