••• Von Dinko Fejzuli
Im Jahr 1979 ungeplant an den Start gegangen, feiert die ORF nachlese heuer ihren 45. Geburtstag. medianet bat Katja Zinggl-Pokorny, die seit dem Jahr 2009 das Magazin als Chefredakteurin führt, zum ausführlichen Geburtstagsinterview über das Magazin.
medianet: Heuer feiert die ORF nachlese ihren 45. Geburtstag. Im Gegensatz zu anderen Publikationen war hier die Entstehungsgeschichte eher ungewöhnlich, denn hier hat der damalige ORF-General-intendant Gerd Bacher quasi auf eine ganz bestimmte Nachfrage seitens der Zuschauer reagiert …
Katja Zinggl-Pokorny: Ja, da haben Sie völlig recht! Ende der 70er-Jahre stellten immer mehr Hörerinnen und Hörer bzw. Seherinnen und Seher Anfragen an den ORF-Kundendienst, mit der Bitte um Manuskripte von verschiedenen Sendungen. Als Reaktion darauf erschien die erste Ausgabe der ORF nachlese in einer Auflage von 40.000 Exemplaren. Es ging zum Beispiel um Abschriften einer ‚Nachtstudio'-Sendung eines ‚Club 2' über die Ära Kissinger sowie Kochrezepte vom ‚Häferlgucker'. Unglaublicherweise war die Erstausgabe bereits nach wenigen Tagen vergriffen.
Schon im Februar des folgenden Jahres stieg die Auflage auf den Rekordwert von 290.000 Stück. Damit war der Weg für ein Monatsmagazin mit hoher Publikumsakzeptanz bereitet.
medianet: In Ihrem Augustheft haben Sie ein Interview mit dem ORF-Sportredakteur Andreas Felber, der sagt: ‚Man muss brennen, sonst ist das Ergebnis lauwarm.' Was treibt Sie als Chefredakteurin und Ihr Team an, wenn es um die ORF nachlese geht?
Zinggl-Pokorny: Andreas Felber und ich haben ungefähr zur selben Zeit im ORF begonnen zu arbeiten, er in der Sportredaktion und ich in der Unterhaltungsabteilung. Genau gesagt war das bei mir 1993. Ich traue mich zu sagen, dass ich die wichtigsten und prägendsten Lehren dem damaligen Unterhaltungschef Dieter Böttger zu verdanken habe. Ein Satz, den ich für immer verinnerlicht habe, war: ‚Überleg Dir gut, womit Du uneingeladen ins Wohnzimmer anderer Menschen platzt. Das muss richtig gut sein, sonst fliegst Du so schnell wieder raus, wie Du drinnen warst.' 2009 wurde ich dann Chefredakteurin der ORF nachlese, die Einstellung zu dem, was ich tue, habe ich mitgenommen.
Was mich und uns alle in der Redaktion antreibt, ist der ununterbrochene Wunsch, in der Lebenswelt unserer Leserinnen und Leser wirklich von Wert zu sein. Wir stellen gerne jede Geschichte zwölfmal infrage und 14-mal auf den Kopf, damit sie wirklich voller Mehrwert, Information, News und Unterhaltung ist.
medianet: Inhaltlich orientiert sich das Magazin unter anderem auch an der jeweiligen Saison – vom Osterheft bis zur Weihnachtsausgabe. Im Verkaufsfolder heißt es da: ‚Die ORF nachlese vereint das Beste aus den Fernseh- und Radioprogrammen des ORF.' Wie frei und experimentierfreudig ist man hier darüber hinaus, redaktionell neue Themen aufzugreifen?
Zinggl-Pokorny: Die ORF nachlese ist, um das ORF-Gesetz zu zitieren, ein Begleitmaterial des ORF und all seiner Programme. Klingt vielleicht sperrig, ist es aber nicht. Denn in Wahrheit sind wir ein bisschen die Made im Speck, denn wir arbeiten mit allen Redaktionen im Konzern, also auch allen ORF-Landesstudios, zusammen, entwickeln viele Geschichten miteinander, kooperieren bei Recherchen und verbinden die unterschiedlichen Traditionen und Gewohnheiten unserer Bundesländer.
medianet: Die ORF nachlese ist ein Magazin mit einer vor allem weiblichen Leserschaft. Womit bedient man das männliche Publikum?
Zinggl-Pokorny: Ich lese die Media-Analyse immer mit hohem Interesse und versuche, meine Lehren daraus zu ziehen. Spannend ist, dass Themen, die auf den ersten Blick anmuten, als seien sie für ein weibliches Publikum konzipiert, das eigentlich nicht in ihrer Ausschließlichkeit sind.
Gartenthemen zum Bespiel sind alles andere als weiblich oder auch die Küche, sie wird immer mehr von Männern frequentiert und erobert. Ich glaube es ist so, dass der tatsächliche Kauf des Magazins von Frauen getätigt wird, aber sich die Nutzung durch die ganze Familie zieht.
medianet: Bei welchen Themen im Heft ist erfahrungsgemäß die Response am höchsten?
Zinggl-Pokorny: Die erste Frage bei jedem Artikel und jeder Coverstory, die ich mir und meinem Team stelle, ist: Wie geht es den Menschen gerade so? Wonach sehnen sie sich? Wie können wir ihre Welt ein bisschen leichter oder besser machen? So war während der Coronazeit unser kulinarisches Angebot sehr gefragt. Wir haben uns damals entschieden, nicht auf den aktuellen Gesundheitsinformationszug zu springen, sondern zu versuchen, das Beste aus dieser damals sehr schwierigen Lebenssituation zu machen. Danach wollte man raus, kleine Reisen machen, etwas erleben, also haben wir geschaut, was das Land auf dieser Ebene zu bieten hat. Und so machen wir das von Heft zu Heft. Wir sind, wo unsere Leserinnen uns brauchen.
medianet: Kommen wir gegen Schluss kurz zu den Zahlen des Magazins – mit einer Druckauflage von gut 90.000 Exemplaren (ÖAK) und einer Leserschaft von 5,1 Prozent und knapp 400.000 Leserinnen und Lesern (Media-Analyse) ist die ORF nachlese das, was man gemeinhin salopp einen Reichweitenbomber nennt. Für welche Werbepartner ist Ihr Magazin besonders attraktiv?
Zinggl-Pokorny: Ich bin ja kein Werbeprofi, da gibt es bei uns im Konzern Oliver Böhm, den Chef der ORF-Enterprise, und sein engagiertes Team, sie wissen wirklich alles über diesen Markt und verstehen die Dynamik, die diesen antreibt.
Was ich als Journalistin anbieten kann: Wir suchen nach den wirklichen Bedürfnissen der Leserinnen und Leser und trachten danach, diese zu befriedigen. Wir tauchen in die Lebenswelt ein und erreichen damit wirklich den Menschen. Wir sind authentisch und nicht überheblich. Wir versprechen nichts, das wir nicht halten können. Die ORF nachlese ist eine treue Begleiterin mit der Möglichkeit, gut recherchierte, fundierte und wertvolle Informationen zu liefern.
medianet: Werfen wir am Ende einen Blick in die Zukunft. Wohin geht die Reise, und was dürfen wir uns sonst noch aus der ORF nachlese-Redaktion erwarten?
Zinggl-Pokorny: Aktuell arbeiten wir an einer komplett neuen Magazinreihe, sie wird das Licht der Welt Mitte Oktober erblicken. Es sollen bei gutem Wind drei Magazine im Jahr werden, die sich monothematisch aktuellen gesellschaftspolitischen, aber auch saisonalen Ereignissen widmen.