Das Credo: Ein ORF, der für alle da sein soll
© Martina Berger
MARKETING & MEDIA Redaktion 06.10.2023

Das Credo: Ein ORF, der für alle da sein soll

Raffaele Arturo, Donnerwetterblitz, und Martin ­Biedermann, ORF, im Talk über die neue Kampagne.

••• Von Dinko Fejzuli

Mit Jahresanfang 2024 tritt ein neues ORF-Gesetz in Kraft, das dem ORF neue programmliche Möglichkeiten eröffnet, aber auch die Finanzierung der Haushaltsabgabe für alle auf neue Beine stellt.

Am Küniglberg, Sitz des ORF, nimmt man dies zum Anlass, um begleitend dazu die Leistungen und auch den Einsatz aller ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in einer breit angelegten Kampagne dem eigenen Publikum näher zu bringen.
Die Arbeit selbst stammt von der Agentur Donnerwetterblitz. medianet traf Martin Biedermann, Gesamtleiter Marketing & Kommunikation ORF, und Raffaele Arturo, Geschäftsführer bei Donnerwetterblitz, zum Interview über die Kampagne.


medianet:
Herr Biedermann, auf den ORF kommen neue Zeiten zu. Mit Jänner 2024 eröffnen sich dank einer Gesetzesänderung neue programmatische Möglichkeiten, aber auch die Finanzierung des ORF wird mit einer Haushaltsabgabe, die nun, mit Ausnahmen jener, die auch bisher schon ausgenommen waren, von jedem Haushalt zu zahlen ist, auf neue Beine gestellt. Daraus ergibt sich auch ein gewisser Kommunikationsbedarf, den der ORF nun gemeinsam mit der Agentur Donnerwetterblitz in eine neue Kampagne gießt.
Martin Biedermann: Wir glauben, dass gerade jetzt der richtige Zeitpunkt ist, unser Selbstverständnis und unseren Auftrag, nämlich dass wir für alle Menschen in Österreich da sind, wieder einmal breit zu kommunizieren. Entsprechend lautet auch der Claim der Kampagne: ‚ORF für dich und mich und alle', kreiert von der Agentur Donnerwetterblitz.

Ein weiterer Grund, das Gemeinsame, Verbindende in den Vordergrund stellen, ist, dass wir selbstverständlich auch eine Polarisierung und einen gewissen Vertrauensverlust bestimmter Bevölkerungsteile in klassische Medien und damit auch in den ORF feststellen. Dem gilt es entgegenzutreten. Wir wollen mit der aktuellen Kampagne als Kernpunkte unserer Arbeit als öffentlich-rechtlicher Sender die Ausgewogenheit, Meinungspluralismus, Vielfalt und die Objektivität in den Vordergrund stellen. Und diese Aufgabe hat, laut einer eindeutigen Juryentscheidung, die Agentur Donnerwetterblitz im Rahmen eines mehrstufigen Pitches gelöst.


medianet:
Herr Arturo, abgesehen davon, dass es um den ORF-Etat für eine große Kampagne ging – warum war es für Donnerwetterblitz reizvoll, am Pitch teilzunehmen?
Raffaele Arturo: Neben anderen Dingen war es sicher eine reizvolle Herausforderung, Wertschätzung bei einer Zielgruppe für die vorhin genannten Parameter Ausgewogenheit, Meinungspluralismus und die Objektivität im Zusammenhang mit dem ORF zu erzeugen, weil manche Menschen vom ORF eventuell ein Bild haben, wo diese Dinge nicht oder nicht mehr vorkommen.

Ein demokratischer Handlungsauftrag aus den 1950ern ist heute immer mehr in Vergessenheit geraten. Wir holen diese Wurzeln wieder ans Licht und zeigen, welche Art von Orientierung der ORF in Zeiten wie diesen geben kann, und mit der aktuellen Kampagne soll dies auch deutlich kommuniziert werden.


medianet:
Aber wie dringt man mit diesen wichtigen Botschaften beim Publikum durch in Zeiten von Social Media und Telegram-Gruppen, in die sich viele zurückgezogen haben und somit gar keine seriösen Informationsquellen mehr nutzen?
Arturo: Niemand hat gesagt, dass das von heute auf morgen passiert. Das dauert, und man muss über den Tellerrand hinausdenken. Deshalb sagen wir ja in der Kampagne nicht einfach: ‚Der ORF ist objektiv, er ist dem öffentlich-rechtlichen Auftrag verpflichtet und fördert den Meinungspluralismus', sondern wir holen die Menschen, die im ORF arbeiten, nach vorn und zeigen dem Publikum auf Augenhöhe eben genau diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie sie diesen Auftrag mit ihrem ganz persönlichen Einsatz umsetzen – ob als ORF-Korrespondentin, Telefonistin, Kameramann oder Gebärdendolmetscher einer Nachrichtensendung.
Biedermann: Und genau diese Ideen haben uns sehr gut gefallen. Denn damit kann man, auf einer sehr persönlichen Ebene, abseits von für viele Menschen abstrakten Dingen wie einem ORF-Gesetz, mit Menschen wie du und ich, dir und mir von der Zentrale bis zu den Landesstudios zeigen, wie wir diesen Auftrag erfüllen.

Und wir tun dies mit ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern als Testimonials, die man eben großteils nicht kennt, die aber mit Stolz und Engagement genauso zum Erfolg des ORF beitragen wie zum Beispiel Moderatorinnen und Moderatoren auf dem Schirm.
Wir sagen nicht, dass wir alles richtig machen, aber wir zeigen, dass wir uns nach bestem Wissen und Gewissen bemühen und buchstäblich eben vollen Einsatz zeigen. Und all das in einer Kommunikation auf Augenhöhe mit unserem Publikum, denn hier im ORF arbeiten ganz ‚normale' Menschen, aber eben sonst nicht für alle sichtbar vor, sondern zum allergrößten Teil hinter der Kamera.


medianet:
Bleiben wir beim Thema Einsatz. Am Höhepunkt der Pandemie stand in vielen Werbekampagnen nicht ein bestimmtes Produkt im Vordergrund, sondern etwa die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Handel oder generell das Wir-Gefühl. Ist die aktuelle ORF-Kampagne auch in dieser Art von Zeitgeist in der Werbung zu sehen?
Arturo: Den von Ihnen beschriebenen Zeitgeist gibt es sicherlich, aber abseits davon, wenn es um den ORF und Medien im Allgemeinen geht: Es ist nicht mehr einfach, zu unterscheiden, was man nun glauben kann und was nicht. Oder: Wem vertraue ich und wem vertraue ich nicht? Das ist, Pandemie hin oder her, gerade unsere Welt. Und genau hier soll eine Marke wie der ORF Hilfe und Orientierung schaffen, um dieses Vertrauen herzustellen, auch bei jenen, die es verloren haben. Ich bin überzeugt davon, dass das gelingen wird und man es im Haus wunderbar umsetzen wird.

medianet: Gutes Stichwort – das Besondere an der Kampagne ist, dass zwar die Idee und quasi das Storyboard von Donnerwetterblitz stammt, die Umsetzung etwa diverser Spots aber unter Mitarbeit und inhaltlichem Involvement bis hin zu den Radiosendern und den Landesstudios passiert – für einen Kreativen durchaus spannend.
Biedermann: Hier im Haus gibt es so viel Potenzial und kreative Kraft, sodass diese Art der Zusammenarbeit fast logisch war, und so ergeben sich vor allem in der weiteren Kommunikation diverse Variationen, die nur in dieser Art der Zusammenarbeit möglich sind. Als es etwa um Ö3 oder FM4 ging, war es fast logisch, mit den Kolleginnen und Kollegen dort zu diskutieren, welchen Beitrag zur Kampagne sie auf ihrem Sender leisten wollen, denn sie, die Programm- und Promotionverantwortlichen dort, wissen am besten, wie sie mit ihrer Zielgruppe kommunizieren. Auch bei den Landesstudios war das so, das Engagement bei der Umsetzung dieser Kampagne im Haus war überall sehr groß. Damit leistet die Kampagne übrigens auch nach innen einen Beitrag zum Employer Branding.

medianet:
Weil diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am besten zeigen können, wie es ist. Quasi ein ‚Making of', auf Sujets und in Spots verpackt.
Arturo: Wir zeigen den Arbeitsplatz her, ‚making of' oder ‚behind the scenes' trifft es dabei ganz gut. Wir zeigen besondere Momente des Arbeitsalltags. Alle tragen dazu bei, dass der ORF funktioniert und für die Menschen da ist.

Biedermann: Die Sujets oder Spots beschreiben immer, was jemand tut, und zeigt damit unseren Anspruch. Wir holen jene vor den Vorhang, die diesen Anspruch mit ihrem Einsatz zum Leben erwecken, egal ob Tonmeister, Gestalterin des Kinderprogramms oder jemand aus dem Publikums­service.

Arturo: Wir zeigen allürenfrei Mitarbeiter-Einsatz, alle ziehen an einem Strang bzw. erfüllen den Auftrag.

medianet:
Wo wird die Kampagne zu sehen sein?
Biedermann: Auf allen unseren Kanälen – vom TV, über das Radio bis hin zu Online und Social Media. Dazu gibt es Außenwerbung, Print, Screens, Boards und Online-Werbung auf diversen Portalen: Es ist ein umfangreicher Mediamix, den wir gemeinsam mit der Agentur erarbeitet haben.

medianet:
Ist die Kampagne etwas Besonderes, weil der ORF keine Lebensmittelmarke ist, sondern einen öffentlich-rechtlichen Auftrag hat, den man hier kommuniziert?
Biedermann: Es geht in der Werbung derzeit generell viel in die Richtung ‚Wir-Gefühl'. Wer, wenn nicht der ORF, muss das ansprechen und für sich in Anspruch nehmen. Auch, weil jetzt durch die Umstellung auf eine Haushaltsabgabe alle für den ORF zahlen, wollen wir noch mehr hervorheben, dass er auch wirklich für alle da ist. Und diesen Einsatz der ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter wollen wir mit dem Claim ‚ORF. Für dich und mich und alle.' zum Ausdruck bringen. Im Auftrag von allen, im Einsatz für alle.”

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