Der Demagogen perfide Pläne
MARKETING & MEDIA sabine bretschneider 12.07.2019

Der Demagogen perfide Pläne

Sie sind zu intelligent, zu wohlhabend, zu schön und benutzen immer dasselbe Drehbuch.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

 

RÜCKKOPPLUNG. Das Thema ist abgeschmackt und ja, wir haben andere Sorgen. Aber manchmal kommt man nicht dran vorbei. In seinem 26. Tweet am gestrigen Donnerstag beschreibt sich der amtierende US-Präsident – in einer bedrohlich wirren Attacke auf Kontrahenten und „Fake News-Medien” – als … „your President, so great looking and smart, a true Stable Genius …”. Und irgendwann, so prognostiziert er, würden ihn alle Medien, ob deren Verlogenheit und bald bar jeder Geschäftsgrundlage, unterstützen müssen. So oder anders. Wenn nicht Gravierendes passiert, wird Trump eine weitere Amtsperiode lang die Welt mit Rabaukenpopulismus infizieren. Wobei, wenn man an unsere jüngere Geschichte politischer Skandale denkt, ist es auch egal, wenn tatsächlich Gravierendes passiert.

„Benötigt Politik heute keine Rückkopplung zur Realität mehr?”, wurde der Publizist und Amerikanist Michael Butter in einem Interview in der Wirtschaftswoche gefragt. „Populisten rufen so lange: ‚Wir haben eine Krise', bis alle die Situation als Krise anerkennen”, sagt er. „Dann präsentieren sie sich selbst als Lösung.” Eine mittels fiktiver Bedrohungen konstruierte Realität ist das Bühnenbild, vor dem der Kampf gegen die korrupten Eliten inszeniert wird.
Zuspitzung und Vereinfachung, kombiniert mit gut verfügbaren Sündenböcken, schaffen passende Verschwörungstheorien. Der archetypische Antagonist im schlicht gestrickten Märchen steuert das nötige Quäntchen Antisemitismus bei. Auf Soros und Silberstein wäre, hießen sie Smith und Gruber, kaum Rampenlicht gefallen.
Ein weiterer Katalysator des polithygienischen Zerfalls ist die Krise der Medien – oder deren Demokratisierung, wenn man denn so will. Wo die Interpretation, das Zurechtrücken, der Abgleich mit der Realität und die Bewertung der Quelle fehlt, ersetzt Bauchgefühl oft Gehirnaktivität. Leider.
Mit der heutigen Ausgabe verabschiedet sich medianet in die allsommerliche Print-Pause. Wir lesen einander wieder am 23. August 2019.

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