Der sogenannte Werbekuchen ist tot
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MARKETING & MEDIA Redaktion 16.02.2024

Der sogenannte Werbekuchen ist tot

Florian Wagner, Chief Digital Officer der Gewista, über diverse Werbemarktanteile und digitale Außenwerbung.

••• Von Dinko Fejzuli

Vor Kurzem wurden die Focus-Werbedaten für den heimischen Markt für das Jahr 2024 publiziert, und auch unter Berücksichtigung möglicher Ungenauigkeiten wie der Brutto-Netto-Schere und anderer Dinge sticht eines hervor: Einer der Wachstumstreiber war eindeutig der Bereich Digital-out-of-Home; Focus spricht hier von +20%, manche Auskenner in der Branche meinen, das Wachstum bei DOOH sei sogar noch größer.

medianet nahm dies zum Anlass und bat Florian Wagner, Chief Digital Officer der Gewista, des größten heimischen Außenwerbeunternehmens, zum Interview. Bei der Gewista steht u.a. vor allem das Thema Programmatic im Vordergrund, denn eine der Folgen dieser neuen Buchungsmöglichkeit ist, dass dadurch Kunden auch digitale Werbeträger bei der Gewista direkt buchen können und zwar nicht nur heimische Kunden.

„Legitime Alternative”

„Buchungen aus dem Ausland sind bei uns Normalität geworden. Programmatic macht es möglich, dass Kunden, die bisher keinen Zugang zum österreichischen Markt hatten, plötzlich bei uns aufschlagen.”

Wobei, so Wagner weiter: „Wir sind eine legitime Alternative zu reichweitenstarken Webseiten, um Awareness und Top of Mind zu generieren. Damit stellen wir eine komplementäre Möglichkeit zum Performance-Marketing dar, Leistungen bei uns zu buchen, wobei in diesem Fall natürlich die Wertschöpfung im Land bleibt”, so Wagner.
Und aus Sicht von Kunden außerhalb Österreichs kann es auch nur ein Vorteil sein, gerade für Kunden aus Deutschland und der Schweiz, denn: „Hier sind neun Millionen Menschen, die eine ähnliche Kaufkraft haben und auch dieselbe Sprache sprechen. Die kann ich quasi in einem Schritt mitnehmen, ohne vorher unzählige Klinken putzen zu müssen”.
Angesprochen auf den Umstand, dass die Gattung Out-of-Home ihren Share am Werbekuchen gerade durch neue, digitale Angebote im Vergleich zu den anderen Gattungen vergrößern könnte – hier sprechen Vertreter der Außenwerbung oft davon, dass OOH einen zu geringen Anteil am Mediamix erhalte und unter Wert geschlagen würde –, sieht Wagner die Sache etwas anders: „Ich finde, dass das, was gerne der Werbekuchen oder Mediamix genannt wird, tot ist. Und das schon länger, nämlich ab dem Zeitpunkt, ab dem die Digitalsteuer eingehoben wurde und wir gesehen haben, wie die Aufteilung wirklich ist.”

Verschobener Mediamix

Wagner vergleicht die Situation mit dem damaligen Eintritt der ersten Billigflieger in den USA: „Da haben sich vorher ein paar den Markt aufgeteilt und dann kam mit ‚Southwest' die erste Billiglinie, um als Fluggesellschaft den Greyhound-Bus zu ersetzen und dabei haben sie sich den halben Flugreisen-Markt geschnappt, und die Arrivierten dürfen sich um den Rest streiten.”

Dementsprechend sei es, jetzt wieder übertragen auf den eigenen Werbe-Markt, ähnlich; Wagner spricht hier von einem „verschobenen Mediamix, weil sehr viel im Digitalen landet”.
Und die Lösung, um aus dieser Klemme zu kommen, sei nicht die Frage, wie man mehr von diesem Mediamix bekomme. „Das ist nicht zukunftsträchtig. Man muss Alternativen anbieten. Und daran arbeiten wir derzeit hart, damit möglichst viel Geld, das derzeit bei den Big Techs landet, zu uns geht – auch, weil hier Steuern gezahlt werden, weil Arbeitsplätze entstehen und Wertschöpfung im Land bleibt.”
Mit dem Ausbau des eigenen Digital-Angebots sieht Wagner hier auch bereits etliche Erfolge.
Diverse Unternehmen, die bisher keinen Fußabdruck in OOH hatten, öffnen ihren Mix und etablieren OOH in ihrem Mediamix.
„Wir bemerken einen Shift im Markt, der eigentlich schon vor der Krise begann und jetzt wieder an Fahrt gewinnt; wir gewinnen Jahr für Jahr an Reichweite durch das Bevölkerungswachstum und die Urbanisierung. Unsere Preissteigerungen liegen im Schnitt deutlich unter der Inflationsrate und funktional erreichen wir Konsumentinnen und Konsumenten ungebrochen gut. Zusammengefasst bieten wir ein kommerziell sehr attraktives Setting für effektive, wie effiziente Werbung”, so Wagner.
Am Ende komme es auf einen „soliden Mix” an, Out-of-Home funktioniere grundlegend anders als Medien, die daheim oder in der Schule oder im Büro genutzt werden, aber „wir haben eine gar nicht so kleine Nische aufgemacht, die sich gut entwickelt”.

„Wollen breiter wachsen”

Gebeten um einen Ausblick, wohin die digitale Reise weiter geht, kündigt Wagner ein Rebranding beim sogenannten Thema Shopping Center Advertising an. Hier hat man gerade erfolgreich den zweiten Geburtstag in diesem Feld gefeiert und plant – auch, um breiter wachsen zu können – ein Rebranding hin zu Retail Media: „Das trifft es genauer, denn das, was wir hier tun, ist viel breiter als Shopping Center Advertising und das soll sich auch im Namen bzw. Begriff widerspiegeln.”

Geplant ist der weitere Ausbau beim Inventar, und es soll auch neue Kooperationen mit weiteren Partnern geben. „Wir sind hier an vielen Sachen dran, wo am Ende ein eindeutiger Mehrwert für die Kunden herausschauen wird”, so Wagner.
Und gefragt nach der eigenen Aufgabe im Unternehmen sieht sich Wagner als „Agent of Change”, wobei bei den meisten Dingen, die er tue, Daten die Grundlage seiner Entscheidungen seien.

35% globaler Digital-Anteil

Und gefragt nach den Umsatzströmen und deren Herkunft, verweist Wagner auf Partnerschaften mit den Media-Agenturen Österreichs, die auf die Digitalisierungs-Initiativen der Gewista setzen. Sie stellen das Kerngeschäft dar, wobei es durch Wachstumsbereiche wie Direktkunden aus dem Ausland sowie Digitalagenturen im Programmatischen mittlerweile gesund ergänzt wird.

Aufgeteilt nach Klassik und Digital, liege der Digitalanteil aktuell bei der Gewista-Gruppe bei 30%. „Wir bewegen uns mit großen Schritten darauf zu, dieses Jahr den JCDecaux-Konzern-Schnitt von rund 35 Prozent Digitalanteil global zu matchen. Und dann wollen wir natürlich ganz vorne mitspielen”, so Wagner abschließend.

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