Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
ANALOGIEN. 136.000 Corona-Testergebnisse samt persönlicher Daten sollen laut Medienberichten wegen eines Datenlecks im Internet frei einsehbar gewesen sein. Das ist die aktuellste Meldung zum Digitalisierungs-Champion Österreich. Die Pandemie zeigt unbarmherzig auf, welche Schwierigkeiten die Alpenrepublik mit Datenbanken und deren Verknüpfung hat – wie E-Commerce-Plattformen nicht aussehen sollen, wie man eine sinnhafte Gesundheits-App binnen Tagen einstampft, wie man mittels überlasteter Anmeldeplattformen die Bevölkerung langsam, aber fokussiert in den Wahnsinn treibt.
Abseits der Politik sieht es in vielen Bereichen der Wirtschaft ähnlich aus. IT-Kompetenzen gelten nach wie vor als Geheimwissen. Wer schon einmal ein EDV-Projekt outgesourct hat, weiß, dass der Teufel im Detail steckt. Wer nicht vorab schriftlich vereinbart hat, dass die Suchfunktion die Ergebnisse nicht in altkantonesischen Schriftzeichen auswirft, hat Pech. Und nachträgliche Kosten. In den Schulen erschöpft sich die Diskussion darin, halt jedem Kind irgendwann ein Tablet in die Hand zu drücken. Zoomen u. Ä. können sie inzwischen eh schon, Corona sei Dank.
Ausreißer, meist in Form innovativer, junger Start-ups, bestätigen die Regel: Ein Team aus Niederösterreich bastelt aus Bildern des Mars-Rovers „Perseverance” eine virtuell begehbare 3D-Umgebung des Nachbarplaneten – und die ganze Welt staunt. Das Wiener Start-up Kaleido entwickelte Software, die mittels KI den Hintergrund in Videos entfernt und – bei entsprechender Weiterentwicklung – den Greenscreen gänzlich obsolet machen könnte.
Andererseits: Manchmal birgt ein zögerlicher Umgang mit digital tools auch Hoffnung. Eine EU-Richtlinie über den „Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht” bedroht derzeit die Wiener Zeitung, die älteste Zeitung der Welt, und deren Einnahmen als – analoges – Amtsblatt. Möge die Umsetzung dieser Digital-Direktive in guter alter rot-weiß-roter Tradition also nicht gelingen.