Gastkommentar ••• Von Josef Mantl
WIEN. Künstliche Intelligenz ist nicht länger eine Technologie der Zukunft – sie ist zur treibenden Kraft eines tiefgreifenden Wandels geworden. Wirtschaft, Gesellschaft und Arbeitswelt befinden sich inmitten einer Transformation, die in ihrer Dynamik und Tragweite mit der industriellen Revolution vergleichbar ist.
KI: Überall zu finden
Ob in autonomen Fahrzeugen, personalisierter Medizin oder datengetriebener Unternehmenssteuerung: KI eröffnet ungeahnte Möglichkeiten. Gleichzeitig stellt sie uns vor gewaltige Herausforderungen – technologisch, ethisch und kulturell. Denn nicht die Frage, ob KI unser Leben verändert, steht im Raum, sondern vielmehr, wie wir diese Veränderung gestalten.
Alle sind gefordert
Die gute Nachricht: 57% der unter 30-Jährigen sehen KI als Chance und 43% glauben, dass KI das Wirtschaftswachstum fördern kann. Das zeigte die Umfrage des Instituts für Demoskopie & Datenanalyse (IFDD), die in Zusammenarbeit mit der Moving Forward Conference 2024 entstanden ist. Dies ist ein wichtiges Signal, denn über Erfolg oder Misserfolg im Umgang mit KI wird letztlich entscheiden, wie das Zusammenwirken von Mensch und Maschine gelingt.
Unternehmen, Institutionen und Organisationen sind gefordert, Räume für diese neue Form der Kollaboration zu schaffen. Bildungs- und Weiterbildungsangebote müssen Kompetenzen fördern, die über technisches Know-how hinausgehen: Datenverständnis, ethisches Denken, kritisches Urteilsvermögen u.v.m. Der Mensch bleibt dabei unverzichtbar: Als kreativer Gestalter, strategischer Denker und emotionaler Entscheidungsträger.
Von wegen „Outsourcing”
Erfolgreiches Arbeiten mit KI bedeutet daher nicht Auslagern, sondern „Zusammenwirken”. Spannend werden in diesem Zusammenhang sicherlich die Ergebnisse der „Moving Forward Trendstudie 2025” mit exklusiven Insights zum Thema „Humans leveraged by AI – wie kann die Co-Creation Mensch/AI funktionieren?” Dabei darf ein Aspekt nicht ausgeklammert werden: Die Nachhaltigkeit. Während KI zur Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung beitragen kann, etwa durch intelligente Netzsteuerung, Prozessoptimierung oder vorausschauende Instandhaltung, wächst ihr eigener ökologischer Fußabdruck mit rasanter Geschwindigkeit.
CO2-Sünder KI
Studien zeigen, dass das Training großer KI-Modelle enorme Mengen an Strom und Wasser verbraucht – der CO2-Ausstoß kann laut einer Untersuchung der University of Massachusetts Amherst dem mehrerer Transatlantikflüge entsprechen. Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert, dass sich der Energieverbrauch globaler Rechenzentren bis 2026 verdoppeln könnte. Wenn KI ein Instrument für Zukunftsgestaltung sein soll, muss auch ihre Entwicklung und Anwendung verantwortungsvoll und ökologisch vertretbar gedacht werden – etwa durch den Einsatz energieeffizienter Hardware, die Optimierung von Trainingsprozessen und die Nutzung erneuerbarer Energien in Rechenzentren.
Rechtliche (Un)sicherheit
Doch die technische Machbarkeit allein reicht nicht aus. Die entscheidenden Fragen liegen heute tiefer: Wie schaffen wir einen verlässlichen rechtlichen Rahmen, der Innovation nicht hemmt, aber Risiken früh erkennt? Wie gelingt es Unternehmen, KI nicht nur zu implementieren, sondern kontinuierlich an ihre Prozesse, Märkte und Kulturen anzupassen? Und wie können wir vorhandene Modelle – etwa von OpenAI oder Google – so weiterentwickeln, dass sie branchenspezifische, gesellschaftlich akzeptierte und wirtschaftlich sinnvolle Lösungen ermöglichen?
Verantwortung notwendig
Oft ist die Entwicklung eigener Systeme für viele Organisationen zu kostenintensiv, der technologische Rückstand gegenüber den großen Playern zu groß. Daher wird die Zukunft nicht nur von denen bestimmt, die große Sprachmodelle trainieren, sondern vor allem von jenen, die sie intelligent adaptieren und verantwortungsvoll einsetzen.
Josef Mantl ist Gründer und Eigentümer der JMC – Josef Mantl Communications.