Die eurovisionale Post-Depression
MARKETING & MEDIA Redaktion 19.05.2023

Die eurovisionale Post-Depression

Man nennt den ESC auch die „schwule Fußball-WM” – einzig, dass es hier viel friedlicher zugeht.

Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli

 

GEMENGELAGE. Ich weiß ja nicht, wie viele Journalisten bei der Fußball-WM akkreditiert sind, aber viel mehr als beim ESC, dem Eurovision Song Contest – den man übrigens auch die „schwule Fußball-Weltmeisterschaft” nennt – mit seinen 1.200 Journalistinnen und Journalisten werden es auch nicht sein.

Was die einen und die anderen Kollegen eint, ist vermutlich, dass sie für ihre jeweilige Sache brennen und nicht nur Fachjournalisten sind, die über den Event berichten, sondern auch glühende Fans. Und weil es mir gerade auffällt: Hie und da sind es vor allem männliche Kollegen, die vom Event berichten.
Apropos Fans: Einen relativ großen Unterschied gibt es schon und zwar in Bezug auf die Fans. Während nach dem Fußball-Match eher die ­Molotowcocktails fliegen, besteht beim ESC höchstens die Chance, mit einem Käse-Sahne-Kuchen à la Golden Girls „getortet” zu werden. Selbst im trinkfesten England, dem diesjährigen Austragungsland des ESC und Mutterland des Fußballs, herrschte ein nationales Friede Freude Eierkuchen, wie unsere notorisch auf dem letzten Platz landenden deutschen Nachbarn sagen würden.
Apropos Platzierung: Österreich hat es, nach einer Durststrecke mit dem mehr als sympathischen und ausgezeichnet singenden Duo Teya & Salena, wieder ins Finale geschafft. Dort reichte es zwar für keine Top-Ten-Platzierung, aber dem ORF brachte der diesjährige Song Contest Rekordquoten, und das ist ein schönes Zeichen, denn neben vielen anderen Dingen zeigt der Live-Musik-TV-Event eines: Nur live ist live, und gegen diese Emotion kommt kein Netflix & Co an.
Zugegeben, teuer in der Produktion, aber unverwechselbar und eines der letzten Dinge, die klassisches, lineares TV für sich hat.
Die Zukunft des ESC ist auf jeden Fall gesichert, denn so lange es Käsekuchen, Windmaschinen und Lieder im Halbtonschritt gibt, wird es auch immer die dazugehörigen ESC-Hooligans geben.
Denn einzig die Hoffnung auf den nächsten Song Contest lässt uns Hardcore-Fans die Post-ESC-Depression durchstehen.

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