Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
QUERSCHNITTSMATERIE. Am Montag dieser Woche lobte Außenministerin Karin Kneissl die Medienfreiheit als „Schlüssel gegen Desinformationskampagnen”. Die Freiheit der Medien sei „entscheidend für die politische Arbeit”, „um über Fakten zu verfügen”. Und: „Mein Respekt gilt den Journalisten und Reportern, die sich ins Feld hineinbegeben.” Dies klänge gut, käme es nicht aus dem Mund einer Ministerin, die auf einem FPÖ-Ticket in der Regierung sitzt.
„Fake News”, „Silberstein-Manier”, „Dirty Campaigning”, „Hassplattformen linker Agitation”, „Propaganda”, „Zwietracht und Obstruktion” … Die Parteikollegen agieren nicht eben sublim, wenn es darum geht, unliebsamen Tatsachenberichten auszuweichen. Nun ist es nicht so, dass die anderen Fraktionen zimperlich wären, aber dennoch scheint sich hier eine obskure neue Blase aufzutun, die in ihren Ausmaßen mächtig genug ist, die Theorie des Multiversums zu stützen. „‚Die Pressefreiheit ist unantastbar und ein wesentlicher Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft.” Sie erinnern sich. So reagierte Kollege Kickl auf das Auftauchen eines E-Mails aus seinem Ministerium, das die Medienfreiheit sowohl als „Schlüssel gegen Desinformation” als auch als „Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft” mit flinkem Griff auszuhebeln drohte. Es ging um den Umgang mit Standard, Kurier und Falter, die in der freien österreichischen Medienlandschaft nicht eben irrelevant sind.
Realitätenflucht
Ein Nachtrag: Die Theorie des Multiversums steht in Zusammenhang mit der Quantenmechanik. Gemäß einer der kursierenden Interpretationen entsteht es aus der Gesamtheit aller physikalisch überhaupt möglichen Aufteilungen der Realität in lokale physikalische Systeme. Kurz: Alles, was möglich ist, ist auch irgendwo so. Das erinnert an eine der inzwischen bekanntesten quasi-transzendenten Offenbarungen: „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist”.