WIEN. Am 10. August 2021 wird eine neue ORF-Führung gewählt. Mit ihrer einzigen Stiftungsrätin Anita Zielina werden die Neos zwar kein Zünglein an der Waagesein; dennoch formulierte deren Mediensprecherin Henrike Brandstötter unter anderem auch in medianet deren Vorstellungen, wie die neue ORF-Führung aussehen soll und wie sie zustandekommen soll.
Neue Gremien
Brandstötters Ideen: „Die Gremien müssen neu organisiert werden, und der ORF soll strukturell ähnlich einer Aktiengesellschaft aufgestellt sein. An die Stelle des Stiftungsrats tritt eine Hauptversammlung. Diese setzt sich durch geloste Personen aus der Bevölkerung, Repräsentantinnen und Repräsentanten von Institutionen der Zivilgesellschaft und nur mehr einer Person pro Parlamentsklub zusammen. Diese Hauptversammlung wählt auf Basis von Ausschreibungen und Hearings ein Präsidium. Dieses wiederum bestellt einen Vorstand, der als Kollegialorgan aus mehreren Vorständen besteht, um eine nachhaltige Führungsqualität zu gewährleisten.”
Und bevor über Geschäftseinteilung und Posten geredet werde, müsse man sicherstellen, dass diese Menschen vor allem eines können: „Sie müssen die Kompetenzen haben, den ORF fit für eine digitale Zukunft zu machen”, so Brandstötter.
Und: Ganz unabhängig davon, wer die Wahl für sich entscheide – es brauche „mehr Transparenz in den Prozessen als bisher”, so Brandstötter.
Für Haushaltsabgabe
Eine der ersten Fragen, mit denen sich die neue ORF-Führung auseinandersetzen müsse, wäre jene der Finanzierung. Die Neos treten für eine Haushaltsabgabe ein und glauben, dass durch diese die Einnahmen des ORF steigen würden; sie fordern deshalb gleichzeitig eine sogenannte 20 Uhr-Sperre für Werbung und eine generelle Halbierung der Werbezeit.
Den Einwand, dass dem ORF dadurch pro Jahr nach derzeitigem Stand rund 90 Mio. € Einnehmen fehlen würden, lässt Brandstötter nicht gelten: „Die Haushaltsabgabe hätte den Vorteil, dass die Kosten pro Kopf sinken und die Medienlandschaft sich so fairer gestaltet. Dem ORF würden keine Einnahmen abhandenkommen, würde er nicht mehr eine so großzügige Rabattpolitik betreiben.”
Aus für blaue ORF-Seite
Inhaltlich fordert Brandstötter etwa beim digitalen Auftritt des ORF die Abschaffung der sogenannten Blauen Seite und eine Onlinepräsenz mehr wie jene von ARD und ZDF, die rein Programm-orientiert ist.
Was den neuen Newsroom betrifft, so kritisiert Brandstötter die bisherige Vorgangsweise und vermisst gleichzeitig einen offenen Diskurs über die Anforderungen an genau diesen Newsroom: „Ich habe das Gefühl hier wird mehr darüber geredet, wie die Ziegelsteine aufeinanderzu- stapeln sind und wer welchen Posten bekommt, aber zu wenig darüber, was diese Menschen, die diese Posten bekleiden werden, auch können sollen.”
Die zentrale Frage, so Brandstötter, müsse lauten: „Wie bringt man den ORF ins digitale Zeitalter?”
Afrika-Korrespondenten
An einer anderen Front ortet die Neos-Mediensprecherin übrigens auch Handlungsbedarf: „In einer Zeit, in der am afrikanischen Subkontinent gerade die weltgrößte Handelszone entsteht und der Kontinent sich weiterentwickelt, hat der ORF für ganz Afrika keinen einzigen Korrespondenten. Das kann und darf so nicht bleiben”, so Brandstötter.
Am Ende des Gesprächs kommt Brandstötter nochmals auf die kommende ORF-Wahl und die danach folgende Wahl der Landesdirektoren zu sprechen: „Dass die Landeshauptleute noch immer ein Anhörungsrecht haben, gehört aus meiner Sicht ersatzlos aus dem ORF-Gesetz gestrichen”, so Brandstötter abschließend. (fej)