••• Von Chris Radda und Petra Stückler
Einst als Rechts- und Personalchef am Theater tätig, führt MediaPrint und Kurier-Gruppen-Geschäftsführer Thomas Kralinger seit 2007 das Unternehmen in die digitale Zukunft. Im Gespräch mit medianet-Herausgeber Chris Radda erzählt er im mediadome pressclub von der Entwicklung des Marktes in den letzten Jahren, die Erfolge des Kurier und warum es derzeit schwierig ist, Prognosen abzugeben.
Vom Theater ging es in den Medienbetrieb – für Kralinger kein Widerspruch. Angesprochen auf einen früheren Sager – „Journalisten sind durchaus vergleichbar mit Künstlern” – bestätigt er: „Als ich vom Theater mit Rudi Klausnitzer zur Verlagsgruppe News gewechselt bin, haben mir einige gesagt, du wirst dich dort nicht wohlfühlen. Ich konnte jedoch nach ein paar Monaten antworten, dass sie sich geirrt haben. Da ist eine große Ähnlichkeit vorhanden. Der Journalismus braucht auch sehr viel Kreativität, so wie es Schauspieler auch brauchen.”
Als er das Angebot bekam, die Kurier-Geschäftsführung zu übernehmen, sah er darin eine große Ehre, denn „der Kurier war die Zeitung meiner Kindheit”, wie er erzählt, „die Zeitung hatte schon damals eine schwierige Position zwischen Qualität und Massentauglichkeit.” Dass den Print-Tageszeitungen schon vor Jahren ein jäher Tod vorhergesagt wurde, habe sich nicht bestätigt, wie er weiter schildert: „Laut einer Studie, die wir durchgeführt haben, sind es immer noch 70 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, die sagen, ‚Ich lese Tageszeitungen, Print-Zeitungen', und die die jeweiligen Online-Plattformen genießen: 70 Prozent der Österreicher geben an, ‚das sind die vertrauenswürdigsten Quellen für Informationen, die ich in Österreich finde' – und das ist ein ganz tolles und für uns alle, glaube ich, Mut spendendes Signal.”
Digitalisierung im Fokus
Doch beim Kurier verlässt man sich nicht auf Altbewährtes. Kralinger: „Wir haben uns von Anfang an sehr darauf konzentriert, unsere digitalen Plattformen und die digitalen Verbreitungsmöglichkeiten weiter auszubauen. Das war die eine Schiene. Die zweite Schiene, um dem Verfall der Werbeerlöse entgegenzuarbeiten, war ein Strategieprozess unseres Anzeigenbereichs, der sehr erfolgreich verlaufen ist. Ziel war es, zu diversifizieren, neue Produkte zu entwickeln. Wir produzieren jedes Jahr eine Vielzahl von Magazinen, etwa gemeinsam mit unseren Werbepartnern. Und all diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Erlössituation weitgehend gesichert werden konnte.”
Im Nachsatz betont Kralinger, die derzeitige Entwicklung gehe so rasant vor sich, dass es durchaus herausfordernd sei. „Es wird noch größere Kraftanstrengungen brauchen”, ist er sicher.
Unfairer Mitbewerb
Die größten Konkurrenten seien „Google, Facebook und Konsorten”, die nicht gerade mit den fairsten Praktiken in den Markt gegangen seien. Dies belaste die Entwicklung der Kurier Mediengruppe, und auch einen weiteren Konkurrenten führt er an: die blaue Seite des ORF, die sehr gut gemacht sei, aber diese gut gemachten Nachrichten seien eben gratis zu konsumieren – dies erschwere die Einführung von Bezahlmodellen.
Also habe man immer versucht, zusätzliche vertikale Angebote in den Markt hineinzusetzen.
„Da war ganz zu Beginn die ‚Futurezone' eine wesentliche Akquisition, die wir getätigt haben. Sie ist in Österreich mit rund 2,2 bis 2,5 Millionen Unique Clients, die wir im Monat erreichen, die größte Tech-Plattform, die es gibt”, erzählt Kralinger. film.at und events.at sind weitere Plattformen der Kurier-Gruppe; kürzlich hinzugekommen ist freizeit.at, „um eine Parallele in der digitalen Welt zu unserem sehr erfolgreichen Samstagsmagazin Freizeit zu schaffen, das in Print ein nach wie vor stabiles, tolles Ergebnis erzielt und einige Wochenmagazine im Kaufbereich durchaus abhängt. Was die Leserschaft betrifft, ist freizeit.at mit über 300.000 Leserinnen und Lesern ein sehr schöner Erfolg”.
Thema Podcasts
Auch Podcasts werden produziert: „Wir haben ‚Die dunklen Spuren' mit einem True Crime-Podcast, der in unregelmäßiger Weise erscheint.” Auch ein Mental Health Podcast und „Fake Busters”, ein Podcast, der sich mit Fake News beschäftigt, seien im Angebot.
Neuester Streich ist die Übernahme von schauTV und die Umbenennung in Kurier TV. „Wir haben den Sender übernommen, er war etabliert und in Ostösterreich, damals hauptsächlich im Burgenland, bekannt. Wir haben dann versucht, ihn in Gesamt-Ostösterreich stärker und auch über Gesamtösterreich mit dem Satelliten zu positionieren. Der Sender hat über 60 Prozent technische Reichweite, was ein sehr, sehr schönes Angebot ist”, erzählt Kralinger. Man konzentriere sich als Medienhaus auf den Nachrichtenbereich.
Cross Channel Marketing
Die übergreifende Kanalbewirtschaftung des Cross Channel Marketing ist somit ein Zukunftsthema des Medienhauses. Man habe derzeit jedoch ein sehr volatiles Marktumfeld, das es schwer mache, zu planen.
Nach der Zukunft gefragt, sagt Kralinger: „Ich bin da sehr optimistisch, weil unsere Leistungszahlen sind ja gut. Wir haben nach wie vor am Wochenende beim Kurier über 600.000 Leserinnen und Leser. Wir haben unter der Woche rund 500.000 Leser-Kontakte, die wir anbieten können, wir haben unsere Digitalplattform mit 3,5 Millionen Leserinnen und Lesern – und wir haben heute tagtäglich mehr Leser als noch vor zehn Jahren, die wir als Werbekontakt anbieten können, dazu eben noch Fernsehen und, und, und …”
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medianet.tv
Redaktion: Andy Marada