Ein ORF-Urteil mit Folgen
© APA/Robert Jäger
Fritz Hausjell
MARKETING & MEDIA Redaktion 13.10.2023

Ein ORF-Urteil mit Folgen

Die Frage, wer künftig in den Aufsichtsgremien des ORF sitzen soll, müsste ein breiter Konvent festlegen, so Medienwissenschafter Fritz Hausjell.

Gastkommentar ••• Von Fritz Hausjell


WIEN. Nach dem VfGH-Erkenntnis zum zu starken Regierungseinfluss in den ORF-Steuerungsgremien wäre das Beste für die Republik ein breiter Konvent im Parlament, an dem nicht nur Fachleute der politischen Parteien, sondern viele Vertreterinnen und Vertreter aus NGOs für Journalismus, Pressefreiheit und Non-Profit-Wirtschaft teilnehmen.

Weiters sollten an Public Service Media interessierte Wissenschafter aus Wirtschaftswissenschaften, Jus, Politik- und Kulturwissenschaften und selbstverständlich Kommunikationswissenschaft und – warum nicht – einmal keine Vertreter der Interessenvertretungen konkurrierender Privatmedien darüber debattieren, wie die Aufsichts- und Steuerungsgremien des ORF künftig durch wen beschickt werden sollen, um die Vielfalt der Gesellschaft zu repräsentieren.
Wichtig dabei muss die Qualifikation der Gremienmitglieder werden, die mittels öffentlicher Hearings transparent gemacht werden. Wer im eigenen Berufsfeld qualifiziert ist – als Medienfachperson oder Expertise für Non-Profit-Management aufweist und andere für die Führung eines der gesamten Gesellschaft gehörenden Medienunternehmens relevante Eigenschaften verfügt –, kann sich eher gegen ausgeschnapste Linien politischer Parteien zur Wehr setzen.
Weil so jemand nicht nur inhaltliche Argumente hat, sondern auch einen Ruf in der jeweiligen hauptberuflichen Fachwelt zu verlieren hat, wenn fachlich nicht begründbare Parteiverpflichtungen befolgt würden.

Die „Ent-Parteipolitisierung”

Würden explizite Gegner des öffentlich-rechtlichen Prinzips dann überhaupt in die Steuerungsgremien gehören?

Wegen Repräsentanz der Gesellschaft: ja. Fachlich indes: eher nein. Denn würde in einer Schraubenfabrik jemand im Aufsichtsrat sitzen, der grundsätzlich die Nietverbindung favorisiert?
Türkis-Grün trat 2020 mit dem Werbeslogan an: „Das Beste aus zwei Welten”. Das Beste für einen unabhängigen ORF haben ÖVP und Grüne in dieser Regierungsperiode allerdings mit zuerst Fleischmann und dann Raab noch nicht praktiziert. Die Regierung müsste uns also kräftig überraschen. Oder aber sie liefert uns zum Finale nur eine neue Variante der „Ent-Parteipolitisierung” der Marke Schüssel aus dem Startjahr von Schwarz-Blau I anno 2000. Dabei sollten wir nicht nur zusehen.

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