Ein „Superstreamer” für Private und den ORF
© Martina Berger
MARKETING & MEDIA Redaktion 05.05.2023

Ein „Superstreamer” für Private und den ORF

Zappn wird Joyn: Die ProSiebenSat.1 Puls 4-Gruppe startet gratis Streaming-Dienst für (fast) alle heimischen Anbieter.

••• Von Dinko Fejzuli

In den heimischen Streaming-Plattform-Markt kommt Bewegung. Über einen längeren Zeitraum haben die österreichischen Privatsender und der ORF durchaus Interesse gezeigt, an einer gemeinsamen Streaming-Plattform für alle österreichischen Inhalte zu arbeiten, und die Politik rief auch immer wieder in dieser Frage zu einem „nationalen Schulterschluss” auf, doch eine Einigung gelang bisher nicht.

Nun prescht die ProSiebenSat.1 Puls 4 Gruppe vor und wandelt ihre bisherige Zappn-Streaming-Plattform zu „Joyn”, dem quasi österreichischen Super-Streamer, um. Man möchte hier nicht mehr und nicht weniger als eine Plattform für alle österreichischen Bewegtbild- und Radio-Inhalte sowie zahlreiche Channel-Partner etablieren.
Unter dem Motto „Wir bringen’s zam” führt Joyn künftig die Öffentlichen und die Privaten, TV und Radio, Live- und On Demand-Angebote auf einer Streaming-Plattform zusammen.
Dort stehen dann alle Sender der ProSiebenSat.1 Puls 4 Gruppe wie ATV, Puls 4 oder Puls 24, über 50 weitere Live-Sender wie ORF, ServusTV, Red Bull TV, Kurier TV, Krone TV, Parlament-TV, Dazn (Dazn Fast und Dazn Rise) & Co sowie etliche Partner mit diversen Fast Channels zur Verfügung.

Auch Radiosender sind dabei

Ergänzt wird das Angebot durch über 30 Live Radio-Sender, Live-Events & Sport, Crime, österreichische und internationale Filme und mehr. Zusätzlich stehen auch mehr als 15 Mediatheken der Öffentlich-rechtlichen und Privaten Sender kostenlos zur Verfügung.

Die Sender der IP-Gruppe sind bei Joyn aktuell noch nicht on Board; im Gespräch mit media­net zeigt sich aber Chief Commercial Officer Michael Stix auch in diese Richtung offen.
Insgesamt betont er vor allem die aus seiner Sicht medienpolitisch epochale Entscheidung seiner Sendergruppe, dass man nun mit dem eigenen vielfältigen Angebot und mit starken Partnern auf der gemeinsamen Plattform sei. „In meiner nun zwanzigjährigen Ära hier hat es das noch nie gegeben, aber es zeigt, wohin die Reise mit Joyn hingeht, nämlich zu einem gemeinsamen österreichischen Super-Streamer”, so Stix. Und „das alles auch noch kostenlos”, fügt er ein aus seiner Sicht wesentliches Merkmal des neuen Angebots hinzu.
Dieser Schritt zu einer gemeinsamen Plattform sei unabdingbar, um sich endlich effektiv gegen die digitalen Giganten aus Übersee gemeinsam stärker zu positionieren. Ziel ist es, ein gemeinsames Angebot auf den Markt zu bringen und damit auch auf den Benutzeroberflächen all jener Devices präsent zu sein, über die die Medienkonsumenten all die Inhalte nutzen würden.
„Wenn die Menschen ihren Smart-TV einschalten, dann haben sie vermutlich eine Kachel, die heißt Netflix, eine weitere heißt Amazon, und mit Joyn schaffen wir es, all unsere österreichischen Angebote ebenfalls auf nur einer Kachel zu vereinen”, so Stix über einen wesentlichen USP von Joyn.
Die Pläne von Stix gehen aber weiter: Künftig möchte man das reichhaltige Content-Bouquet von Joyn mit eigenen Produk­tionen aus Österreich anreichern.

Bessere Vermarktung

Doch das Angebot soll nicht nur für die Medienkonsumenten Verbesserungen bringen. Auch für die TV-Sender, die Vermarkter und die werbetreibende Wirtschaft bringe Joyn etliche Vorteile, so Stix im medianet-Interview.

Zum einen arbeite man derzeit unter dem Titel „One Reach” an einer neuen Messung, die sowohl die TV-Messung als auch die Streaming-Messung in einer neuen, gemeinsamen Währung zusammenbringen soll, und zum anderen sorgt Joyn als quasi gebündeltes Angebot bereits jetzt für die Möglichkeit von mehr Reichweite für die teilnehmenden Sender.
Und eines dürfe man nicht vergessen – Joyn starte ja nicht von Null an, denn: „Wir setzen hier auf einer sehr erfolgreichen Plattform auf”, so Stix über die bisherigen Reichweiten, die man bereits jetzt mit Zappn erziele.
Und auch was das Targeting betrifft, bringe Joyn etliche Vorteile, so Stix: „Den Block, der im linearen TV läuft, inszenieren wir für Joyn komplett neu.” Man folge hier quasi der Online-Werbelogik, denn man wisse ja auch, welche User man bei Joyn anspreche, da sie sich alle vorher registriert hätten.
Stix erläutert: „Das heißt, wenn ein Kunde im Fernsehen wirbt, kann er gleichzeitig, wenn er gewisse Zielgruppen zusätzlich erreichen will, einen Spot, genau auf diese User zugeschnitten, in Joyn platzieren.”
Nicht unerwähnt lassen möchte Stix auch die wichtige Tatsache, dass die Sender, die bei Joyn mitmachen, die auf der Plattform generierte Reichweite selbstverständlich für sich generieren; ein eingebautes Pixel erlaubt hier die Zuordnung, „und dann zahlt die auf Joyn zusätzlich generierte Reichweite selbstverständlich in die Gesamtreichweite dieser Sender ein”.

Zielgenaues Targeting

Ein weiterer Vorteil für Kunden seiner Sendergruppe und jener Sender, die sein Unternehmen vermarkte, sei die nun geschaffene Möglichkeit, quasi die digitale und die lineare Vermarktung bündeln zu können.

Hier sei gerade ein „Transfer” im Gange, so Stix, denn bisher „haben wir großteils TV und digital extra vermarktet, weil auch die Dependancen gegenüber von uns, die Ansprechpartner, immer getrennt waren. Jetzt kommt das immer mehr zusammen”, so Stix.
Man empfehle etwa seinen Kunden auch, zu den bestehenden TV-Kampagnen gut 15 bis 20% des Volumens von anderen internationalen Online-Giganten abzuziehen, weil „es nun in Österreich zum ersten Mal die Möglichkeit gibt, eine gemeinsame Kampagne zu planen. Man kann jetzt eine bestehende TV-Kampagne in Echtzeit programmatisch digital verlängern”, so Stix abschließend.

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