••• Von Petra Stückler
Die EU wollte eine projektbezogene Förderung und auch eine sogenannte Anreizförderung. Herausgekommen ist, so meinen die Kritiker, eine „projektbezogene Gießkannen-Förderung”. Dieser Eindruck jedenfalls entsteht, wenn man sich die öffentlich einsehbare Auszahlungsliste des Fonds zur Förderung der Digitalen Transformation auf der RTR-Homepage genauer ansieht. Denn sie berücksichtigt bei Weitem nicht alle Medien, die online tätig sind. Eine österreichische Lösung also. Denn ausgeschlossen sind Medienunternehmen, die hauptsächlich online publizieren. Darunter auch das Start-up „Tag eins – Magazin für Veränderung”.
Initiator und Journalist Dominik Ritter-Wurnig ortet Verbesserungsbedarf bei den Förderkriterien: „Die Digitaltransformationsförderung richtet sich ja nur an jene Medien, die nicht Digitaljournalismus machen. Wenn man die Digitale Transformation fördern will und im Vorhinein die ausschließt, die das schon machen, dann ist das der Konstruktionsfehler dieser Förderung.”
All die Medien, die großzügig gefördert würden, seien ja auch schon sehr erfolgreich im Internet tätig, so der Journalist.
Auch Florian Skrabal, Chefredakteur von Dossier, äußert sich mehr als kritisch: „Mit dieser Förderung wird mit öffentlichem Geld den traditionellen Medien die Bilanz versüßt, mehr ist das nicht.”
Er und sein Team hätten sich gar nicht für die Förderung beworben, da sie die Kriterien der Vergabe nicht erfüllten. Gerade erst hat Dossier das zehnjährige Bestehen gefeiert. Das neueste Heft trägt den Titel „Politik und Medien – eine Abrechnung”. „Es wäre besser gewesen, dieses Geld in Kindergärten und Schulen zu stecken. Eigentlich ist das Ganze so absurd, das einem die Worte fehlen”, ergänzt er, denn so würde der Status quo einfach mit einem neuen Mascherl weitergeführt. Er wolle der Politik auch gar keine Verbesserungsvorschläge ausrichten. Denn dies sei ein österreichisches Grundproblem: Die Medienmacher würden immer „antanzen und sagen, was sie brauchen, wenn eine neue Förderung im Raum steht”. Für ihn fühle es sich falsch an, als Marktteilnehmer Verbesserungsvorschläge zu machen, von denen er profitiere. Dabei gäbe es klare Verbesserungsvorschläge seitens renommierter unabhängiger Institutionen, wie zum Beispiel des Presseclub Concordia.
Deutung ist alles
Nun heißt es auf der RTR-Seite in den Richtlinien über die Gewährung von Mitteln aus dem Fonds zur Förderung der Digitalen Transformation (2022): „Der Fonds zur Förderung der Digitalen Transformation ist gemäß § 33a Abs. 1 KOG zur Erhaltung der Vielfalt an Anbietern und Anbieterinnen und zur Förderung des Auf- und Ausbaus des digitalen Angebots in der Medienlandschaft von privaten Medienunternehmen, die ihre Medieninhalte auf das österreichische Publikum ausrichten, eingerichtet. Der Fonds soll zur Stärkung der Medienunternehmen und ihres digitalen Angebots und insgesamt zur Festigung der zentralen Rolle der Medien in einer modernen demokratischen Gesellschaft beitragen.”
Ein Widerspruch? Auch Lukas Burnar, Geschäftsführer von „andererseits – Journalismus für alle” kritisiert die neue Förderung: „Der Ausschluss reiner Online-Medien zeigt, dass die Förderung in erster Linie nicht ein Vorantreiben der Digitalisierung in der Medienbranche, sondern eine zusätzliche Subventionierung der dominierenden Player am Medienmarkt zum Ziel hat.” Dies liege auch und besonders am starken Einfluss bestehender großer Medienunternehmen auf die Politik und an der fehlenden Repräsentation von Digitalmedien als Stakeholder im Entstehungsprozess solcher Förderprogramme.
Die Medienförderung müsse in Österreich grundsätzlich neu gedacht werden. Derzeit finde man eine zersplitterte und schlecht abgestimmte Förderlandschaft vor, die enorme Barrieren für junge Medienunternehmen errichte.
„Gleichzeitig sind die Förderziele wenig ambitioniert”, gibt Burnar zu bedenken. „Anstatt Innovation zu fördern, wird primär auf den Erhalt bestehender Strukturen abgezielt. Qualitätskriterien wie die Mitgliedschaft im Presserat sind optional, die Diversität von Redaktionen wird kaum beachtet. Moderne Formate und Kanäle werden ausgeschlossen, stattdessen wird durch den starken Fokus auf Quantität enormer Druck auf Redaktionen aufgebaut.” Einzelne Programme wie die Wiener Medieninitiative würden wichtige Impulse geben, diese stünden in ihrem Volumen jedoch in keiner Relation zu bestehenden Förderprogrammen – wie der Digitalen Transformationsförderung –, was eine starke Verzerrung des Wettbewerbs am Medienmarkt bewirke.
Nüchtern auf Daten geblickt
Ein Auszug der höchsten Förderungen (Anreizförderungen) für ein Einzelprojekt zeigt: Die größten Medienunternehmen, allesamt Tageszeitungen, bekommen auch die größten Förderbeträge für ihre Online-Projekte. Etwa werden für „Krone neu erleben: Krone Stories” über 1,4 Mio. € an den Krone Verlag ausbezahlt, die „Crossmediale Digitalisierung des Kurier” ist dem Fördergeber fast 1,4 Mio. € wert. Das Wimmer Verlagshaus mit den Oberösterreichischen Nachrichten erhält für das Projekt „Design-Refresh von nachrichten.at” fast 1,3 Mio. € Förderung.
Viele österreichischen Medienhäuser nutzten die Möglichkeit und reichten eine Vielzahl von Projekten ein. So kommen Fördersummen von beispielsweise rund 3,9 Mio. € für das Kurier Medienhaus (darunter für den Kurier, für profil und schau.tv) eingereichte Projekte, zustande.
In Summe gehen 2,9 Mio. € an den Kurier und zugehörige Portale, 509.000 € an profil und 523.000 € an schauTV.
Die Großen profitieren
Zu den größten Fördernehmern insgesamt zählen der Krone Verlag, der für diverse Projekte bei Kronen Zeitung und krone.tv ca. 4,5 Mio. € Förderung erhält. Für den Radiosender Kronehit fließen rund 940.000 €.
An Russmedia gehen rund vier Mio. €, davon ca. zwei Mio. € für die Vorarlberger Nachrichten. Die Moser Holding kommt auf ca. 3,5 Mio. €, wobei der Großteil für die Tiroler Tageszeitung (2,4 Mio. €) fließt. Der Standard kommt auf rund 3,2 Mio. €. Die Mediengruppe Österreich erhält für TV-Sender, Online-Portal und Zeitung ca. drei Mio. €.
Durchaus überraschend ist, vergleicht man die Summen, der Umstand, dass im Größenvergleich sehr unterschiedliche Medienhäuser monetär ähnlich umfangreiche Zusagen für ihre Projekte bekommen haben.
Doch nicht alle Antragsteller haben auch Förderzusagen erhalten und generell gilt: Die vollen Summen werden erst nach einer Überprüfung, ob das Projekt auch tatsächlich so umgesetzt wurde, wie beantragt, ausbezahlt. Insgesamt 83 Medienunternehmen bzw. deren Projekte, die die Förderkriterien nicht erfüllen, wurden nicht gefördert und erhielten eine Absage, 32 wurden ausgeschlossen, acht zurückgezogen und 24 wegen Überschreitung der absoluten Förderhöchstgrenze abgelehnt. Und 19 wurden nicht gefördert, weil die Mittel ausgeschöpft waren. Die Details der Projekte werden laut RTR zur Wahrung der Geschäftsinteressen der Medienhäuser nicht dargelegt.
Ritter-Wurnig zur Vergabe: „Das bedeutet, dass immer nur jene förderberechtigt sind, die das einerseits nicht machen oder andererseits etwas anderes machen. Wenn man sich anschaut, wer da gefördert wird – all diese Medien sind ja sehr wohl schon im Internet, aber sie haben auch eine Zeitung, einen Radiosender, sind im Rundfunk tätig. Die, die nur digital dabei sind, kommen gar nicht zum Zug.”
„Wenn man sagt, man will den Standort, die Arbeitsplätze erhalten, die digitale Transformation in der Branche, das Publikum fördern, dann ist es nicht gerechtfertigt zu sagen: Na die machen das schon, die brauchen keine Unterstützung”, erklärt Ritter Wurnig.
Rund ein Fünftel des ausbezahlten Förderbetrags geht laut RTR an Boulevardmedien. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) zeigte sich laut Bericht der APA mit der erstmaligen Abwicklung zufrieden; seitens der Grünen zeigt sich Eva Blimlinger in einer Aussendung durchaus offen für Veränderungen: „Die Förderrichtlinien sind nicht in Stein gemeißelt und müssen einen klaren Rahmen abstecken, was förderungwürdig ist und was nicht.”
Die Antragsfrist für 2023 läuft bereits. Hier kann man noch bis zum 15. Dezember einreichen.