Emotion als Werbeträger muss Pause machen
© APA/AFP/Pedro Pardon
MARKETING & MEDIA Redaktion 27.03.2020

Emotion als Werbeträger muss Pause machen

Der Werbepartner Sport pausiert auf unbestimmte Zeit – eine Herausforderung für alle Stakeholder.

••• Von Georg Sander

WIEN. Bis auf wenige Ausnahmen wie die weißrussische Fußballliga gibt es derzeit keinen Profisport. Die Fußballeuropameisterschaft 2020, neben Olympia in Tokio der zweitgrößte Sportevent des Jahres, ist bereits auf 2021 verschoben. Gegen eine Verschiebung der Olympischen Sommerspiele wehrte sich das Internationale Olympische Comitee noch, im Laufe der Woche wurde aber auch klar, dass dieses Event auch nicht zum geplanten Zeitpunkt stattfinden wird. Das Milliardenbusiness Profisport mit allen Sponsorendeals und Werbemöglichkeiten steht still. Wie geht man damit um?

Der Lockdown

Mit einer Zeit ohne Livesport hat wohl niemand gerechnet, die meisten Statuten sehen derartige Fälle nicht vor. Während einige Sportarten wie die heimischen Eishockeyligen oder der Skisport die Saison recht schnell beendeten, hadert König Fußball noch mit der Situation. Durch die Verschiebung der Europameisterschaft erhofft sich der Kontinentalverband UEFA Zeit, um Europacup und Ligen fertigspielen zu können. Eigentlich hätte die Euro am 12. Juni starten, die anderen Bewerbe entsprechend früh stoppen sollen. Fakt ist: Es geht allerorts um viel Geld, vor allem im Fußball. Die deutsche Fußballliga lukriert mehr als eine Mrd. Euro allein aus TV-Rechten, die heimische Bundesliga 35 Mio. pro Jahr.

Werbepartner Sport

Laut den aktuellen Zahlen des Marktforschers Focus lag der Bruttowerbewert des Sportsponsoring in Österreich 2019 bei 1,14 Mrd. €, rund zehn Prozent fielen auf die Bundesliga. Der Fußball ist als wichtiger Player ein gutes Beispiel für den Überlebenskampf, den der Sport gerade austrägt und austragen muss.

Mitte März wandte sich Christoph Peschek, Geschäftsführer des populärsten Ligaklubs Rapid Wien, per Facebook-Posting an die Öffentlichkeit: „Aus heutiger Sicht steht ein wirtschaftlicher Schaden von bis zu sechs Millionen Euro bis zum 30. Juni im Raum, die Folgewirkungen sind noch nicht abzuschätzen. Wir befinden uns in der größten Krise des österreichischen Fußballs seit dem Zweiten Weltkrieg. Ohne Unterstützung der Rapid-Familie und der öffentlichen Hand wird das zu einer dramatischen Situation aller Klubs führen.” Die meisten Profivereine arbeiten gegenwärtig Kurzarbeitsmodelle nach den neuesten Vorgaben aus, um möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern.
Die Liga selbst arbeitet auf Hochtouren an Lösungen. Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer erklärte gegenüber dem Fachmedium 90minuten.at: „Wir arbeiten im Hintergrund an diesen Themen, die Verträge sind natürlich vertraulich. Es ist jetzt aber nicht der Zeitpunkt, über die Verträge zu reden, sondern wie man sich aktuell gegenseitig unterstützen kann.”

Kein Vorbeikommen an EM

Die Cashcow für den Werbemarkt wäre dieses Jahr neben Olympia eben die paneuropäische Fußballeuropameisterschaft gewesen. Gegen diesen Event, der vom 12. Juni bis 12. Juli hätte stattfinden sollen, traut sich kaum ein Sport an­zutreten. Einzig die Tour de France würde der EM die Stirn bieten.

Rollt der Ball, dann stecken die meisten Sportarten nun einmal zurück. Der Effekt von Fußball ist dabei hoch. 2016, als die letzte Europameisterschaft, auch mit Teilnahme von Österreich, stattfand, konnte der Bruttowerbewert im Vergleich zum Vorjahr um 8,4 Prozent gesteigert werden. Allerdings sind die Zahlen aber volatil, wie Experten bestätigen. So konnte 2013 noch mehr erzielt werden – der Hintergrund war die Champions League-Teilnahme der Wiener Austria. Offensichtlich erscheint, dass ein Jahr mit EM mehr Werbung bringt als ein Jahr ohne.

Gesundheit geht vor

Doch nun zählen andere Dinge, auch für den ÖFB, dem nun ein schwieriges Jahr 2020 bevorsteht. Bernhard Neuhold, Geschäftsführer der ÖFB Wirtschaftsbetriebe GmbH, beschreibt die Situation im Interview mit medianet so: „Es war so, dass sich die Lage in den letzten 21 Tagen Schritt für Schritt massiv geändert hat. Wenn man auf Mitte Februar blickt, war eine EM-Verschiebung noch kein Thema.” Der ÖFB müsse nun mit dieser Entscheidung leben, weiß aber auch, dass nun die Gesundheit und die Allgemeinheit an erster Stelle stehen.

Verlässliche Partner

„Wir haben das Glück, dass wir mit den allermeisten Sponsoren langjährige Verträge haben, die über die Euro hinausgehen”, sieht Neuhold auch Positives. Andere Verträge wären bis Mitte des Jahres gelaufen, die Neukundeakquise liegt derzeit allerdings auf Eis: „Der kurzfristig wichtigste Faktor ist, dass wir uns mit zwei, drei neuen Partnern in vielversprechenden Verhandlungen befunden haben – diese sind nun obsolet. An neue Sponsoren ist aktuell nicht zu denken.”

Für die Gegenwart heißt das, dass man zuwarten müsse, „wie sich der Markt entwickelt und wie die Wirtschaft diese schwierige Zeit bewältigt. Wir hoffen, dass die Menschen gesund bleiben und sich die Lage stabilisiert – im allgemeinen Interesse, aber auch im Sinne des Fußballs und von Sponsoringmöglichkeiten.”
Durch die teilweise doppelten Kosten für die nun ein Jahr später stattfindende EM stünde für den ÖFB ein Verlust an, gewisse Erträge würden sich nun um ein Jahr verschieben. Aber: „Wir sind überzeugt, dass der ÖFB, Vereine und andere Verbände ein sehr gutes Produkt zur Verfügung stellen, es sehr gute Angebote für Partner gibt. Wir liefern Mehrwerte. Der Fußball ist ein Asset, das mit Emotionen verbunden ist.”
Natürlich müssen sich nicht nur die Vereine und Verbände umorientieren. So kümmert sich etwa Bundesliga-Broadcaster Sky weiterhin um das Sportinteresse. Sky will weiterhin aktuelle Informationen rund um den Sport sowie speziell zusammengestellte Programme bieten. Dazu zählen unter anderem der 24-Stunden-Sportnachrichtensender Sky Sport News HD, skysport­austria.at, Spezialformate mit den besten Sportmomenten, mit legendären Fußballspielen, unvergesslichen Formel1-Rennen, Saisonrückblicken, Thementagen und vielen weiteren Best-ofs, aber auch ein deutlich erweitertes On-Demand-Angebot auf Sky Q. Darüber hinaus gibt es für die bestehenden Kunden Angebote aus den Bereichen Sky Cinema und Sky Entertainment.

Coca-Cola reagiert ebenfalls

Umorientieren müssen sich auch Sponsoren wie etwa Coca-Cola. Der Getränkehersteller ist einer der sogenannten Top-Partner des Fußballbundes und stellt seine Werbestrategie ohne EM um. Philipp Bodzenta, Unternehmenssprecher von Coca-Cola Österreich, erklärt: „Die Verschiebung der Euro zwingt auch Coca-Cola Österreich, zu reagieren. Die Flaschen und Dosen zur Promotion sind bereits im Markt, auch auf der Website läuft das Gewinnspiel, das schon vor Beginn der Coronakrise gestartet wurde. Hier wurde rasch reagiert, es sind bereits andere an die aktuelle Situation angepasste Promotion-Preise in Vorbereitung.

Alle Involvierten im Sportbusiness sind nun gefordert, diese Zeit zu überstehen. Dennoch besteht die Hoffnung, dass es weitergehen wird. Klar ist auch: 2021 wird ein Megasportjahr mit guten Werbemöglichkeiten. Vielleicht.

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