„Erleichtert, aber nicht ersetzt”
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Anwendung Künstliche Intelligenz (KI) kommt bereits in mehreren Gebieten in der Markt- und Meinungsforschung zum Einsatz.
MARKETING & MEDIA Redaktion 04.10.2024

„Erleichtert, aber nicht ersetzt”

In seinem Gastkommentar untersucht Robert Sobotka, welche Rolle KI in der Marktforschung derzeit spielt.

Gastkommentar ••• Von Robert Sobotka

WIEN. Vor etwa einem Jahr habe ich spekuliert, ob Voicebots menschliche Telefoninterviewer ersetzen könnten. Dieses Szenario ist zumindest bisher nicht eingetreten. In den Callcentern unserer Branche sind nicht weniger Interviewer mit Telefonumfragen beschäftigt wie noch vor einem Jahr.

Auch die oftmals kommunizierte Befürchtung, dass durch Künstliche Intelligenz (KI) Markt- und Meinungsforschung quasi per Knopfdruck möglich wird, ist (noch) nicht eingetreten.
Tatsächlich gab es im letzten Jahr jedoch einige Entwicklungen, bei denen KI in der Markt- und Meinungsforschung Einzug gehalten hat. Ein Beispiel dafür sind synthetische Daten, also Daten, die nicht erhoben, sondern durch KI künstlich erzeugt werden. Diese ergänzen menschliche Befragungsdaten, was das Auffüllen einer Stichprobe vor allem in schwer zu erreichenden Teilen möglich macht.
Hier bin ich aber skeptisch: Wie kann die KI wissen, welche Partei ein durch KI simulierter 18-jähriger steirischer Dachdeckerlehrling wählt? Oder wie zufrieden eine 73-jährige Pensionistin aus Tirol mit ihrer Haushaltsversicherung ist? In jedem Fall führt der Einsatz von KI sicher zu keiner Qualitätssteigerung der Ergebnisse.

Kontrolle und Auswertung

In Bereich der Datenkontrolle werden KI-Algorithmen eingesetzt, um qualitativ schlecht ausgefüllte oder gefälschte Interviews durch sogenannte Clickfarmen oder Interviewbots zu eliminieren. Die öster­reichische Firma Redem hat sich hier im letzten Jahr zum führenden Anbieter in Europa entwickelt.

Grenzen der KI

Auch in der Datenauswertung haben einige Tools die Arbeit der Auswerter erleichtert, diese aber nicht ersetzen können. Die Kategorisierung offener Fragen kann heute schon großteils durch den Einsatz von Software durchgeführt werden. Weiters können Management Summaries von Studien durch KI in kürzester Zeit erstellt werden. Allerdings benötigen diese Summaries derzeit noch die Interpretationen der einzelnen Fragen durch den menschlichen Forscher, die die KI dann zusammenfassen kann. Ein interpretatives Summary aus 100 Tabellen oder gar aus den Rohdaten schafft KI aber (derzeit) nicht. Der Verband der Marktforschung (VMÖ) wird sich ab diesem Herbst vermehrt dem Thema Künstliche Intelligenz widmen und plant eine Reihe von Online-Veranstaltungen zu den oben angeführten Entwicklungen.

Robert Sobotka ist geschäftsführender Gesellschafter von Telemark Marketing und aktueller Vorsitzender des VdMI.

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