Erwartungs-Limbo der Kommunikation
MARKETING & MEDIA Redaktion 03.02.2023

Erwartungs-Limbo der Kommunikation

Wer bei Wahlen weniger verliert als ohnedies befürchtet, hat scheinbar schon gewonnen.

Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli

SCHWARZMALEREI. Im September 2022 fanden in Tirol Landtagswahlen statt. Die regierende ÖVP verlor fast zehn Prozent und fiel von 44,3 Prozent auf bittere 34,7 Prozent und trotzdem wurde bei der TV-Schalte ins Wahlstudio in der Wahlkampfzentrale der ÖVP gejubelt; wohlgemerkt bei fast minus zehn Prozent der Stimmen.

Warum? Weil man noch immer Erster war und vor allem, weil die ÖVP vor der Wahl bei jeder öffentlichen Gelegenheit einen Absturz auf 30 Prozent an die Wand gemalt hatte, und quasi jetzt vier Prozent „gewonnen” hat.

Als Partei kann man das machen, aber wer es nicht unreflektiert übernehmen kann, sind die Journalistinnen und Journalisten in diesem Land. Leider ist das in Tirol noch passiert und eine Partei, die desaströs bei einer Wahl abgeschnitten hatte, konnte sich als „Sieger” feiern.
Diesen Trick hat auch am vergangenen Wochenende die niederösterreichische ÖVP versucht, der ebenfalls ein Absturz vorhergesagt wurde.
Der Verlust mit fast minus zehn Prozent kam auch, aber dieses Mal gelang es den Kommunikationsverantwortlichen nicht mehr, den für die Partei ­bitteren Verlust in einen Erfolg umzujubeln.

Meiner Wahrnehmung nach aber gar nicht so sehr, weil die Kolleginnen und Kollegen dieses Mal besser aufgepasst hätten, sondern weil einfach ein Wahlergebnis in einem Bundesland eingetreten ist, welches bis vor einiger Zeit niemand für möglich gehalten hätte – und es ein regelrechter Schock war, als die ersten Resultate auf die Schirme projiziert wurden.

Claqueure und andere Apparatschiks

Damit blieb den Zuschauerinnen und Zuschauern zuhause zumindest bei dieser Wahl ein peinliches Schauspiel erspart. Nämlich jenes, wenn die TV-Sender in die Parteizentrale schalten, und, möge das Minus noch so groß sein, die Anwesenden Partei-Apparatschiks in ihrer Funktion als Claqueure völlig sinnbefreit und in nordkoreanischer Manier jubeln und klatschen, als gäbe es kein Morgen. Obwohl es offensichtlich nichts zu bejubeln gab.

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