ESC: Ein Rennen um Zeit und Budget
© ORF/Roman Zach-Kiesling
JJ gewinnt für Österreich den Eurovision Song Contest 2025.
MARKETING & MEDIA Redaktion 19.05.2025

ESC: Ein Rennen um Zeit und Budget

Nach dem Triumph mit „Wasted Love“ laufen in Österreich bereits die Vorbereitungen für den Eurovision Song Contest 2026

WIEN. Nach dem nicht ganz überraschenden Sieg des Künstlers JJ beim Eurovision Song Contest 2025 mit dem Song „Wasted Love“ laufen in Österreich bereits erste Gespräche über die Austragung des Bewerbs im kommenden Jahr. Davor trudeln aber von allen Seiten Glückwunsch-Telegramme an die Sieger, den Sänger und die Autoren des diesjährigen ESC ein.
So meint etwa ORF-Generaldirektor in einer ersten Reaktion: „Diese Liebe war nicht verschwendet, sie hat ganz Europa erreicht und wurde eindrucksvoll zurückgegeben. Wir gratulieren JJ zu seiner fantastischen Performance und sind stolz, ihn auf seinem Erfolgsweg, ähnlich wie auch schon bei Conchita Wurst, begleitet zu haben. Und so wird der ESC nach dem 60-Jahre-Jubiläum vor zehn Jahren auch im 70. Jahr in Österreich zu Gast sein. Die Arbeiten dafür beginnen ab sofort, die Freude auf dieses Event ebenso.“

ORF freut sich und bereitet sich vor
Auch ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz zeigte sich begeistert: „JJ, mit deiner Stimme aus Gold und deinen Nerven aus Stahl hast du die Welt begeistert und eine ganze Nation stolz gemacht! Ich danke dir von ganzem Herzen und freue mich auf den Eurovision Song Contest 2026 in Österreich.“
Der Künstler selbst sagte nach seinem Triumph: „I bring’s hoam! Der Sieg ist mehr, als ich jemals zu hoffen gewagt habe. Es ist wirklich ein verrücktes Gefühl.“ Und weiter: „Ich wollte, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer bei meiner Performance spüren, wie ich mich gefühlt habe, als wir den Song geschrieben haben. Es macht mich sehr glücklich, dass die Menschen so positiv darauf reagieren. Liebe ist niemals verschwendet, sie ist die stärkste Kraft der Welt. Wir brauchen sie jetzt mehr denn je.“

ESC 2026, aber wo?
Und während sich nun also Politik, Tourismus und der ORF bereits in einer ersten Phase der Abstimmung und Planung befinden bringen sich bereits erste Städte in Stellung. Aus Wien bekundete man gleich am Tag nach dem Sieg Interesse. So meinte Bürgermeister Michael Ludwig in der Tageszeitung Der Standard: "Ich gratuliere JJ herzlich zu diesem beeindruckenden Sieg beim Eurovision Song Contest“ und ergänzt: „Wien ist bereit, auch diesmal Bühne Europas zu sein“. Neben der Bundeshauptstadt werden medial vor allem Graz und Innsbruck als mögliche Austragungsstätten ventiliert.

Ein Blick zurück
Für jene, die sich nun bewerben wollen, lohnt sich ein Blick zurück, geben die Kennzahlen aus jener Zeit einen Eindruck davon, welche Dimensionen ein derartiges Großevent annehmen kann – und welche Wirkung es für Österreich hatte. 
Insgesamt engagierten sich mehrere Hundert freiwillige Helferinnen und Helfer, um den internationalen Wettbewerb organisatorisch zu unterstützen. Es galt, 1.300 Mitglieder diverser Delegationen unterzubringen und zu versorgen, 1.800 Journalistinnen und Journalisten aus der ganzen Welt kamen damals nach Wien, um über den Bewerb zu berichten, und die Gesamtkosten wurden vom ORF mit gut 20 Mio. Euro beziffert. Vom nationalen Host-Broadcaster selbst wurden 12 Mio. Euro beigesteuert und die restlichen sieben bis acht Millionen kamen durch Sponsoren und Partner zusammen. Weiteres Geld kam von der EBU und die Stadt Wien steuerte unter anderem quasi mit der für den ESC auf Vordermann gebrachten Stadthalle den Austragungsort bei.


Es kam auch Geld durch den Ticketverkauf herein. Und zwar nicht nur für die Live-Shows, sondern auch für die erstmals in Wien vor Publikum ausgetragenen Generalproben, benannt als Jury- bzw. Familienshows. Insgesamt sahen so gut 100.000 Menschen eine der Live-Proben bzw. live übertragenen Shows.

Viele Fans außerhalb der Live-Shows

Auch das Eurovision Village auf dem Rathausplatz verzeichnete an mehreren Tagen Besucherzahlen im hohen fünfstelligen Bereich, und wirtschaftlich und touristisch hatte das Großevent ebenfalls spürbare Effekte: Laut WienTourismus verzeichnete die Bundeshauptstadt im Mai 2015 ein Nächtigungsplus von rund 10 % gegenüber dem Vorjahr. Die ÖW sprach im Nachhinein von einem internationalen Werbewert in zweistelliger Millionenhöhe, insbesondere durch die weltweite TV-Übertragung in mehr als 45 Länder und die hohe mediale Sichtbarkeit. Auch kleinere Regionen profitierten durch das gesteigerte Interesse an Österreich als Reisedestination. Die sogenannte „Umwegrentabilität“ – also der wirtschaftliche Mehrwert abseits der direkten Einnahmen – wurde von mehreren Studien bestätigt, insbesondere im Hinblick auf Imagegewinn und Tourismusentwicklung.

Und laut einer im Standard veröffentlichten Berechnung des Instituts für Höhere Studien IHS bezifferte man für den ESC in Wien eine Bruttowertschöpfung von fast 40 Mio. Euro. Die Einnahmen, die man unmittelbar dem Songcontest zuordnen könne, bezifferte das IHS damals mit rund 16 Mio. Euro.

Steigende Kosten als Problem

Was bleibt, ist die Frage, ob die Kosten von 2015 mit jenen in 2026 überhaupt vergleichbar sein werden, denn: Die Events, ohnehin technisch auf höchstem Niveau, wurden jedes Jahr noch bombastischer und technisch aufwändiger. Allein die LED-Wand für den ESC 2025 war über 750 Quadratmeter groß und somit so riesig wie nie zuvor. Und: Angesichts der aktuellen politischen Lage etwa im Nahen Osten sind auch die Sicherheitskosten nicht zu unterschätzen und dürften einen beträchtlichen Teil des Budgets verschlucken. Ein ESC ist heute ein Hochsicherheits-Event.

Ein Rennen gegen die Zeit
Wichtig ist auch, ab wann feststehen wird, welche Stadt den ESC austragen wird, denn in Wahrheit müssten die ersten Gespräche quasi noch in der Nacht des Sieges beginnen. Zumindest was die Festlegung auf den Austragungsort betrifft, hat man sich in 2015 etwas mehr Zeit gelassen. Die Entscheidung darüber fiel quasi erst Ende August, also über drei Monate nachdem sicher war, dass der ESC 2015 nach Österreich kommt.
In 2025 kann man aber davon ausgehen, dass die Entscheidung, ob der Grand Prix Eurovision de la Chanson in Wien, Graz, Innsbruck oder ganz woanders ausgetragen wird, dieses Mal viel früher fallen wird als damals.

ESC: Eigentlich ein Komponisten-Bewerb
Apropos Grand Prix Eurovision de la Chanson: Auch wenn es viele nicht mehr wissen – der ESC ist in Wahrheit noch immer ein Autoren- bzw. Komponistenwettbewerb und das beste Lied gewinnt, nur werden mittlerweile – anders als früher, wo auch die Komponistinnen und Komponisten auf der Bühne geehrt wurden – mittlerweile nur mehr die Künstler mit Ehre und Konfetti überschüttet.


Das Lied hier stammt übrigens neben JJ selbst und Thomas Thurner von Teodora Špirić. Besser bekannt ist die Sängerin und Songwriterin unter ihrem Künstlernamen Theya. Unter diesem ist sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Selina-Maria Edbauer 2023 beim ESC in Liverpool als Theya & Selena aufgetreten, hat es ins Finale geschafft und belegte dort mit dem Lied „Who the hell is Edgar“ Platz 15. Nun, als Co-Autorin von „Wasted Love“, gelang ihr der Sprung ganz oben aufs Stockerl beim Eurovision Song Contest. (fej)

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